3. Zur Kriegspelitik Gekerreitz-Angarns. 811
einfach lösen lassen. Was an Grenzveränderungen vielleicht gerade im Inter-
esse und zugunsten der betreffenden Bevölkerungen durchzuführen wäre, kann
einvernehmlich in freundschaftlicher Weise zwischen Staat und Staat ge-
schehen, denn es würde ja, und das scheint auch die Meinung des Herrn
Präsidenten der Ver. Staaten zu sein, einen dauernden Frieden kaum för-
dern, wenn man in dem Wunsche, eine Herumschiebung von Völkern und
Provinzen aus einer Staatsoberhoheit in die andere zu vermeiden, ver-
hindern wollte, daß in jenen Teilen Europas, in welchen es bisher noch
zu keiner durchgreifenden Konsolidierung der territorialen Verhältnisse ge-
kommen ist, eine entsprechende Regelung der Gebietsfrage vorgenommen werde.
Punkt IV lautet, „daß alle klar umschriebenen nationalen Ansprüche
die weitgehendste Befriedigung finden sollen, die ihnen zuteil werden kann,
ohne neue Elemente oder die Verewigung alter Elemente von Zwist und
Hader, die den Frieden Europas und somit den Frieden der ganzen Welt
wahrscheinlich bald wieder stören würden, aufzunehmen". Auch dieser Satz
ist so, wie ihn der Herr Präsident klar und treffend gefaßt hat, als Grund-
lage akzeptierbar. — Ich lege selbstverständlich jedenfalls das allergrößte
Gewicht darauf, daß eine Neuregelung der Verhältnisse in Europa die Gefahr
künftiger Konflikte nicht vergrößert, sondern verringert. Die loyalen Worte,
welche der Herr Präsident der Ver. Staaten gesprochen hat, als er sagte,
„daß die Ver. Staaten es gerne hinnehmen werden, wenn man ihnen ver-
ständlich macht, daß Lösungen, die sie vorgeschlagen haben, nicht die besten
und dauerhaftesten sind“, erweckt in mir die volle Hoffnung darauf, daß
wir uns auch in diesen Fragen einigen können werden. Ich würde also
meinerseits den größten Wert darauf legen, wenn einer meiner Vertreter
mit dem Herrn Präsidenten der Ver. Staaten jede Modalität erörtern würde,
welche die Möglichkeit neuer Konflagrationen zu verhindern vermag. In
dem früher ausgesprochenen Prinzipe des vollkommenen Verzichtes auf An-
nexionen erscheint die geforderte vollständige Freigabe Belgiens mitinbegriffen.
Alle anderen Einzelfragen, wie die des Zuganges Serbiens zum Meere,
die Gewährung der nötigen wirtschaftlichen Expansionsmöglichkeit für Serbien
und andere Staaten und viele andere Fragen lassen sich in einer vor-
bereitenden Diskussion gewiß klären und für den Friedenskongreß vorbereiten.
Das zweite Hauptprinzip, welches der Herr Präsident aufgestellt, besteht in
der unbedingten Vermeidung eines künftigen Wirtschaftskrieges. Ich stimme
dem voll und ganz bei. Bezüglich des dritten Hauptprinzipes, das der Herr
Präsident aufgestellt hat und welches in dem Vorschlage der allgemeinen
Abrüstung zur Vermeidung eines künftigen Weltkrieges gipfelt, besteht
zwischen dem Herrn Präsidenten und mir ebenfalls keinerlei Meinungs-
verschiedenheit. Ich glaube nach all dem, daß zwischen den vom Herrn
Präsidenten der Ver. Staaten aufgestellten Grundsätzen einerseits und meinen
Anschauungen andererseits jener Grad von Uebereinstimmung vorhanden ist,
der nötig ist, um von einer direkten Aussprache ein Resultat erhoffen zu
können, und daß eine solche Aussprache die Welt dem von allen Völkern
heiß ersehnten Frieden wesentlich näher bringen könnte."“
Am 5. März richtete Präsident Wilfon an Kaiser Karl folgende
Antwort: „Es gereicht mir zur Befriedigung, daß meinen jüngsten Er-
klärungen über die Grundsätze, die bei Aufstellung der Friedensbedingungen
beobachtet werden sollen, von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich in
solchem Umfange zugestimmt wurde und daß Se. Majestät die Gesichts-
punkte der beiden Regierungen in eingehender Weise verglichen zu wissen
wünscht, und ich würde es sehr begrüßen, wenn Se. Majestät zu größerer
Ausführlichkeit bezüglich der vier Grundsätze bereit wäre, die ich in meiner
Botschaft an den Kongreß der Ver. Staaten am 11. Febr. skizzierte. — In