826 Anhang II. Nachträge.
der Türe des Arbeitswagens erwartete sie General Weygand, grüßte mili-
tärisch und geleitete die Deutschen in den Wagen, wo an einem großen
Tisch Marschall Foch, General Weygand, Admiral Wemyß und Admiral
Hope Platz nahmen. Ihnen gegenüber setzten sich die vier deutschen Be-
vollmächtigten. Außerdem befanden sich eine geringe Anzahl anderer Teil-
nehmer im Abteil. Irgendwelche Begrüßung außer kurzer förmlicher Ver-
beugung fand nicht statt. Worte wurden nicht gewechselt. Nach einer kleinen
Weile frostigen Schweigens fragte General Foch, halb zu seinem Chef, dem
General Weygand, gewandt: „Que désirent ces messieurs?“ Darauf ent-
spann sich eine kurze Debatte in ziemlich schroffen Formen, ob die Deut-
schen gekommen seien, um zu verhandeln, oder nur, um die Bedingungen
entgegenzunehmen. Es war eine ebenso peinliche wie kleinliche und unvornehme
Szene. Der Sieger legte offenbar Wert darauf, dem am Boden Liegenden
noch einen Tritt zu versetzen. Das Wort „Verhandlung“ mußte von nun
an sorgfältig vermieden werden. Schließlich kam man aber doch so weit,
daß General Weygand auf Anweisung Fochs die bekannten Bedingungen
vorlesen konnte. Sie wurden Satz für Satz verdeutscht. Der Eindruck war
niederschmetternd. Insbesondere die kurze Frist von 72 Stunden für An-
nahme oder Ablehnung wurde als ungeheuer schroff empfunden. Erzberger
sagte nach Schluß der Verlesung mit kurzen Worten, die Deutschen wünschten
sich zurückzuziehen, um die Bedingungen genauer zu prüfen. Sie bäten
um jede mögliche Erleichterung für den Verkehr mit der deutschen Obersten
Heeresleistung und Regierung. Dies wurde zugesagt, soweit eine Kurier-
verbindung gewünscht wurde. Weitergabe der Bedingungen durch Funk-
spruch wurde abgelehnt. Auch eine Fristverlängerung, um die im Hinblick
auf die umständliche Verbindung gebeten wurde, lehnte Foch schroff ab.
Die Deutschen hatten gehofft, im Interesse der Menschlichkeit wenigstens
eine sofortige Waffenruhe herbeizuführen zu können. Bei den gegebenen
Verhältnissen schien dies nun aussichtslos. General v. Winterfeldt glaubte
trotzddem — nicht aus militärischen Gründen, sondern im Interesse der
Menschlichkeit — zu dem Versuch verpflichtet sein, ein sofortiges Auf-
hören des Blutvergießens vorzuschlagen. Der in ruhiger und höflicher,
aber dringlicher Form vorgebrachte Vorschlag wurde kalt und ohne Be-
gründung abgelehnt.
Der Verf. legt weiterhin die Schwierigkeiten dar, die der deutschen
Delegation hinsichtlich einer Verständigung mit der Heimat gemacht wurden,
und fährt fort: Es blieb nichts übrig, als an Ort und Stelle die Be-
dingungen zu prüfen. So gut es ging, suchte man die unmöglichsten und
unangenehmsten heraus und setzte Gegenvorschläge auf, die natürlich sich
in sehr bescheidenen Grenzen halten mußten. Dann ließ man bei Foch an-
fragen, ob, wenn „Verhandlungen“ nicht zugelassen würden, nicht wenigstens
die einzelnen Bevollmächtigten zu „Besprechungen“ zusammenkommen
könnten. Dies wurde endlich zugegeben. Demgemäß fänden in den nächsten
Tagen mehrere Besprechungen statt zwischen Graf Oberndorff und General
Weygand über allgemeine Fragen, zwischen General von Winterfeldt und
General Weygand über militärische Fragen und zwischen Kapitän z. S.
Vanselow und den englischen Sachverständigen über Marinefragen. Das
Ergebnis wurde jedesmal schriftlich niedergelegt und kam schließlich in
eringfügigen Aenderungen der ursprünglichen Bedingungen zum Ausdruck.
##- den Hauptpunkten wurde so gut wie nichts erreicht. Die beiderseitigen.
Leiter, Erzberger einerseits, Foch andererseits, hatten an den mündlichen
Besprechungen keinen Anteil. Die Alliierten wollten dadurch den inoffiziellen
Charakter der Besprechungen hervorheben. In den Besprechungen sprach
man von deutscher Seite ganz offen, fand aber keinerlei Verständnis, nur