Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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1. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 98. 
der Pfändung unterworfen die zur Verwaltung des Dienstes erforderlichen Gegenstände, 
sowie anständige Kleidung und ein Geldbetrag, welcher dem der Pfändung nicht unter- 
worfenen Theile des Diensteinkommens oder der Pension für die Zeit von der Pfän- 
dung bis zum nächsten Termine der Gehalts= oder Pensionszahlung gleichkommt. Nach 
Cioshprozeßordnung § 749 sind die Diensteinkommen und Pensionen der Beamten und 
ihrer Hinterbliebenen der Pfändung nur mit dem dritten Theil des die Summe von 
1500 Mark für das Jahr übersteigenden Betrages unterworfen. Ueber die Heranziehung 
der Staatsbeamten, ihrer Wittwen und Waisen zu kommunalen Einkommen- und Auf- 
wandssteuern bestimmen die Verordnung, betreffend die Heranziehung der Staatsdiener 
zu den Kommunalauflagen in den neu erworbenen Landestheilen, vom 23. September 
1867 (Ges.-Samml. S. 1648) und § 41 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 
1893 (Ges.-Samml. S. 152). Darnach sind von allen direkten Kommnnalauflagen, so- 
wohl der einzelnen bürgerlichen Stadt= und Landgemeinden, als der weiteren kommu- 
nalen Körperschaften und der kreis-, kommunal- und provinzialständischen Verbände 
befreit die Beamten hinsichtlich ihrer aus Staatsfonds oder sonstigen öffentlichen Kassen 
zahlbaren Pensionen, laufenden Unterstützungsbezüe und Wartegelder, sofern der jähr- 
liche Betrag solcher Bezüge die Summe von 750 Mark nicht erreicht; die hinterbliebenen 
Wittwen und Waisen hinsichts ihrer aus Staatsfonds oder aus einer öffentlichen Ver- 
sorgungskasse zahlbaren Pensionen und laufenden Unterstützungen; die Sterbe= und 
Guadenmonate; endlich alle diejenigen Dienstemolumente, welche bloß als Ersatz baarer 
Auslagen zu betrachten sind (z. B. Diäten). Soweit nicht der Fall der gänzlichen Be- 
freiung vorliegt, können die Beamten zu den Kommunalauflagen nur insoweit heran- 
ezogen werden, als diese von allen Pflichtigen nach dem Maßstabe des persönlichen 
Einkommens erhoben werden. Dabei wird das Diensteinkommen nur halb so hoch, als 
anderes gleich hohes persönliches Einkommen der Stenerpflichtigen veranlagt und dürfen 
äußersten Falles im Gesammtbetrage bei Besoldungen unter 750 Mark nicht mehr als 
ein, bei Besoldungen von 750 bis 1500 Mark ausschließlich nicht mehr als anderthalb, 
bei höheren Besoldungen nicht mehr als zwei Prozent des gesammten Diensteinkommens 
jährlich gefordert werden. 
Die Disziplinarstrafen, auf welche gegen nicht richterliche Beamte erkannt werden darf, sind 
1. Ordnungsstrafen, nämlich Warnung, Verweis, Geldbuße und gegen untere Beamte 
(Boten, Diener u. dergl.) auch Arreststrafe bis zu acht Tagen; 
2. Versetzung in ein anderes Amt von gleichem Range, jedoch mit Verminderung des 
Diensteinkommens und Verlust des Anspruches auf Umzugskosten oder mit einem 
von beiden Nachtheilen. Diese Strafe findet nur auf Beamte im unmittelbaren 
Staatsdienste Anwendung; 
3. Dienstentlassung. 
Disziplinarbehörden erster Instanz sind der Disziplinarhof in Berlin und die 
Fepeuen Der Diesiplinarhof entscheidet in Ansehung derjenigen Beamten, 
zu deren Anstellung nach den bestehenden Vorschriften eine vom Konige oder von einem 
der Minister ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist. 
Er ist dem Staatsmimstrrium untergrordnet und besteht aus einem Präsidenten und 
zehn Mitgliedern, von denen wenigsteus vier dem Kammergericht angehören müssen. 
Die Provinzialbehörden entscheiden in Ansehung aller bei ihnen angestellten oder ihnen 
untergeordneten Beamten, zu deren Anstellung keine vom Könige oder von den Ministern 
ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist, namentlich also 
in Ansehung aller Unterbeamten, der meisten Bureaubeamten und der niederen Verwaltungs- 
beamten. Zu den Provinzialbehörden gehören die Oberlandesgerichte (auch bezüglich 
der Gerichtsvollzieher und der unter der alleinigen Aufsicht der Stadtsomwastichaft 
stehenden Beamten), die Regierungen, Provinzialschulkollegien, Provinzialsteuerdirektionen, 
Generalkommissionen, Oberbergämter, das Polizeipräsidium in Berlin und das Eisen- 
bahnkommissariat. Ihnen sind gleichgestellt die Eisenbahndirektionen, die Direktion für 
die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin, sowie allgemein die unter den Ministern 
stehenden Centralverwaltungsbehörden in Dienstzweigen, für welche keine Provinzialbe- 
hörden bestehen, endlich die Generallandschafts= und Hauptritterschaftsdirektionen. Für 
die Subaltern= und Unterbeamten des Oberlandeskulturgerichts und des Generalandi- 
toriats sind diese Behörden, für alle anderen nicht schon unter die beiden ausfgezählten 
Kategorien fallenden Beamten ist die Regierung, in deren Bezirk sie fungiren, und für 
die in Berlin oder im Auslande fungirenden die Regierung zu Potsdam die ent- 
scheidende Disziplinarbehörde. Beim Oberlandesgericht entscheidet derjenige Senat, in 
welchem der Präsident den Vorsitz führt, und zwar in der Besetzung von fünf Mit-
	        
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