Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Der Krieg von 1792. 127 
Kampfes, zogen die Verbündeten in den Krieg hinaus. Der kaiserliche 
Hof führte den Feldzug ungern als einen aufgezwungenen Vertheidigungs— 
krieg; die preußischen Staatsmänner leisteten ebenso widerwillig eine Hilfe, 
die nach den Verträgen nicht verweigert werden konnte; beide Mächte 
trösteten sich mit der unbestimmten Hoffnung, das widerwärtige Unter- 
nehmen werde doch irgend einen Landgewinn abwerfen. Nur König 
Friedrich Wilhelm schwelgte in ritterlichen Hochgedanken; er sah sich jetzt 
als den Vorkämpfer des rechtmäßigen Königthums, auch die Gestalten 
des Arminius und anderer Retter des deutschen Vaterlandes erschienen 
ihm in seinen Träumen. Welche Ordnung er dem besiegten Frankreich 
auferlegen sollte blieb ihm freilich selber unklar. 
Noch bevor die Heere aufeinander trafen, enthüllte sich, außer der 
Zwietracht der Verbündeten, auch die andere heillose Unwahrheit, daran 
die Coalition krankte. Da die Redner der Gironde den Principienkrieg 
für die republikanische Freiheit predigten, so konnten ihre Feinde sich dem 
Einfluß der contrerevolutionären Partei nicht ganz entziehen. Oesterreich 
galt in Paris als der Schirm und Träger aller jener alten Staatsge- 
danken, die man dort mit dem geduldigen Gesammtnamen Feudalismus 
bezeichnete; gegen diese Macht der Finsterniß fochten die Wortführer der 
Revolution mit freudigem Eifer. Daß aber der Staat des Philosophen 
von Sanssouci, der Rebell gegen Kaiser und Reich, jetzt das alte Europa 
mit seinen Waffen schützte, erschien ihnen ganz ungeheuerlich; sie gaben 
die Hoffnung nicht auf, diesen Staat der Aufklärung noch zu sich hinüber- 
zuziehen. Gleichwohl vermochte das preußische Hauptquartier nicht, die 
immer lauter und zuversichtlicher auftretenden Emigranten von sich fern 
zu halten. Der Oberbefehlshaber, der Herzog von Braunschweig, unter- 
schrieb in einem Augenblick kopfloser Schwäche ein fanatisches Kriegs- 
manifest, das durch einen Heißsporn des emigrirten Adels seine Färbung 
erhalten hatte und im preußischen Cabinet Entsetzen erregte: der geist- 
reiche Schüler der französischen Philosophie, dem der Pariser Kriegsminister 
vor Kurzem erst die Führung des Revolutionsheeres angeboten hatte, be- 
drohte in grimmigen Worten das revolutionäre Frankreich mit Verderben 
und Zerstörung. Die Gironde frohlockte, die contrerevolutionären Pläne 
der verbündeten Despoten schienen erwiesen, über allen Zweifel hinaus. 
Unselig wie die Politik, welche den Kampf begann, war auch die 
Weise der Kriegführung. Wohl blieben die wohlgedrillten Regimenter 
Oesterreichs und Preußens den zerlumpten und verwilderten Haufen des 
Revolutionsheeres noch lange militärisch überlegen. Wo es zum Schlagen 
kam wurden die Franzosen von den fridericianischen Truppen regelmäßig 
geworfen; den preußischen Reitern und namentlich dem gefürchteten rothen 
König, dem Oberst Blücher von den rothen Husaren, wagten sie selten 
Stand zu halten. Der märkische Bauer spottete noch nach Jahren über 
die französischen Katzköppe, wie er die Chasseurs nannte. Blücher gab
	        
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