Vorbereitungen zum Kriege. 243
eigenmächtigen Schritte seines Gesandten die Genehmigung, so lag noch
eine andere Waffe bereit, die den Petersburger Hof von dem preußischen
Kriege fern halten sollte. Schon im August ging der Corse Sebastiani
nach Konstantinopel, um den Sultan Selim zum Kriege gegen Rußland
zu verlocken. Er fand den Divan in zorniger Aufregung, weil Czartoryski's
unstete plänereiche Politik die aufständischen Serben insgeheim ermuthigt,
die Hospodare der Donauprovinzen unter russischen Einfluß gebracht und
Unruhen unter den Inselgriechen angezettelt hatte. Es hielt nicht schwer
die Pforte vorwärts zu drängen. Als Czar Alexander den Oubril'schen
Sonderfrieden verwarf, wußte man in Paris bereits, daß Rußland jeden-
falls nur mit halber Kraft in den preußischen Krieg eingreifen konnte.
Bald nach den Schlachten in Thüringen brach der Kampf an der Donau
aus, und Napoleon mahnte den Sultan: „jetzt ist es Zeit Deine Unab-
hängigkeit zu erobern!" Dem Berliner Hofe aber blieb seit der Ver-
werfung der Friedensvorschläge Oubril's keine Wahl mehr; denn nunmehr
stand ein Krieg zwischen Frankreich und Rußland unausbleiblich bevor,
ein Krieg, der, wie man sich auch wendete, nicht ohne Preußens Mitwir-
kung geführt werden konnte. Durch die orientalischen Händel sicherte sich
Napoleon zugleich die Neutralität Oesterreichs. Der Haß wider den Sieger
von Austerlitz war in Wien stärker, als das Mißtrauen gegen Haugwitz,
stärker sogar als die Befriedigung über die Noth des norddeutschen Neben-
buhlers. Aber die Macht Oesterreichs war durch den letzten Krieg so tief er-
schüttert, daß sie in der Verwicklung des Augenblicks kaum noch mitzählte, und
jetzt wurde sie vollends gelähmt durch die unberechenbaren türkischen Wirren.
Sobald Alexander's Truppen in die Walachei einrückten, rieth Erzherzog
Karl seinem kaiserlichen Bruder zur Besetzung von Belgrad; Monate lang
blieb das Wiener Cabinet gefaßt auf einen Krieg gegen Rußland. Die Hof-
burg nahm daher die preußischen Aufforderungen ebenso kühl auf, wie
Napoleon's Anfragen wegen einer Allianz zum Schutze der Unabhängigkeit
Sachsens; um sich die Gunst des Imperators zu sichern verrieth sie sogar
dem Tuilerienhofe einige kriegerische Depeschen des preußischen Ministers.
Also war Haugwitz durch die diplomatische Meisterschaft des Gegners
umgarnt und in Wahrheit schon geschlagen; gleichwohl wiegte er sich in glück-
seligen Hoffnungen. Er rechnete zuversichtlich auf Oesterreichs Beistand,
wozu gar kein Grund vorlag, und wähnte, das Volk des Rheinbundes werde
freiwillig den Fahnen des Königs zuströmen, während überall Mißtrauen
und Kaltsinn den Preußen begegneten. Nur Rußlands Hilfe hatte der König
durch geheime Verhandlungen in Petersburg seinem Staate gesichert; aber
auch der Czar ahnte nichts von der Größe der Gefahr, sondern meinte durch
ein Hilfsheer von 70,000 Mann genug zu leisten und ließ sich in den orien-
talischen Krieg hineinziehen, derweil der Kampf um Preußens Dasein anbrach.
Dazu quälte wieder die Sorge um die unzuverlässigen polnischen Provinzen.
Der wohlmeinende Fürst Radziwill rieth, der König möge den Namen eines
167