248 I. 2. Revolution und Fremdbherrschaft.
Troß, über die Hochebene dahin; jeder Hornruf des nachsetzenden Feindes
steigerte die Verwirrung, weckte die gemeine Angst um das Leben. „Das
waren Gräuel,“ sagte Gneisenau, dieser fürchterlichen Nacht gedenkend;
„tausendmal lieber sterben, als das noch einmal erleben!“ Vergeblich
sammelte er einige Haufen der Flüchtigen am Rande des Webichtholzes
nahe vor Weimar um den Rückzug des Corps zu decken. Er sollte lernen,
was die dämonische Macht des Schreckens über ein geschlagenes Heer ver-
mag; ein letzter Angriff der französischen Reiter auf's Gerathewohl in
das Dunkel der Nacht hineingeführt, warf Alles in wilder Flucht aus-
einander. Unauslöschlich haftete dies Bild des Entsetzens in der Seele
des Helden, ein Vermächtniß für die Tage der Vergeltung.
Gleichzeitig erfocht Davoust einige Meilen weiter flußab einen un-
gleich schwereren Sieg über die preußische Hauptarmee. Er zog auf der
Straße von Naumburg westwärts um den Preußen den Weg zur Elbe
zu verlegen. Als seine Colonnen am Morgen des Vierzehnten soeben
aus dem Kösener Engpasse auf die wellige Hochfläche hinaufgerückt waren,
die zwischen Hessenhausen und Auerstedt steil über dem linken Saalufer
empor steigt, da stießen die beiden Heere plötzlich im dichten Nebel auf
einander, beide im Marsch, beide des Kampfes nicht gewärtig, die Preußen
hier dem Feinde an Zahl reichlich gewachsen. Schon während der ersten
Stunden der Schlacht wurde der Herzog von Braunschweig tödlich ver-
wundet; das preußische Heer blieb in den entscheidenden Augenblicken
ohne Leitung, da der König weder selbst den Oberbefehl zu übernehmen
wagte noch einen anderen Befehlshaber ernannte. Wohl drang Scharn-
horst mit dem linken Flügel siegreich vor und glaubte schon die Ehre
des Tages gerettet zu haben; doch die Reiterei des rechten Flügels ward
ungeschickt verwendet, und das zweite Treffen unter Kalckreuth nahm an
dem Kampfe gar nicht theil, denn in diesem Friedensheere wagte kein
General auf eigne Faust zu handeln. So glückte es dem Feinde, freilich
nur mit dem Aufgebot seiner letzten Reserven, den rechten Flügel der
Preußen zu werfen, und nunmehr mußte auch Scharnhorst weichen.
In leidlicher Ordnung ging das Heer zurück um weiter westlich bei Butt-
stedt gegen Norden abzubiegen und den Weg über Sangerhausen nach
Magdeburg einzuschlagen. Dieselbe Rückzugsstraße hatte auch Hohenlohe
von Weimar aus genommen, und jetzt erst, da die beiden geschlagenen
Heere im Dunkel der Nacht auf einander trafen, ward der Schrecken
allgemein und die Hauptarmee in die Zerrüttung des Hohenlohischen
Corps mit hineingerissen. Die Mannschaft sah stumpf und theilnahmlos
den Untergang des alten Preußens, schaarenweise verließ sie die Fahnen;
selbst Gefangene, die ein beherzter Reitertrupp wieder befreit hatte, weigerten
sich die Waffen wieder aufzunehmen. Als man der Heimath näher kam,
stahl sich auch mancher treue Mann zu den Seinigen hinwegj; die Altgedienten
sagten: ich habe lange genug den Kuhfuß getragen, der König hat der