Vertrag von Bartenstein. 261
derten besorgter Herzen hervor. In den Schriften von Gentz kehrt er
als ein ceterum censeo wieder; auf den kunstvollen Zeichnungen, worin
Oberst Knesebeck die Zukunft des Welttheils darzustellen liebte, wird die
Wage Europas immer durch den Bund Oesterreichs und Preußens auf-
recht erhalten. Arndt und Kleist beschwören die beiden mächtigsten Söhne
Germaniens sich zu vertragen; die Königin Luise ersehnt den Tag, da
die versöhnten deutschen Brüder gemeinsam in den heiligen Krieg ziehen
werden. Nur der König hielt in aller Stille seine alte Meinung fest
und dachte, wenn er auf ein europäisches Bündniß gegen Frankreich
rechnete, stets in erster Linie an Rußland. Hardenberg dagegen betrachtete
jetzt die Nebenbuhlerschaft der beiden deutschen Mächte als ein überwun-
denes unglückseliges Vorurtheil, ihre Interessen als schlechthin gleich.
Arglos, großherzig, ohne jeden Hintergedanken betrieb er diese Pläne;
keine einzige seiner geheimen Staatsschriften verrieth noch irgendwelche
versteckte Feindseligkeit gegen Oesterreich. Er glaubte durch den guten
Vorsatz freundnachbarlicher Gesinnung einen uralten Gegensatz der Inter-
essen völlig beseitigen zu können, und unleugbar entsprach seine Politik
dem Bedürfniß der nächsten Zukunft.
In diesem Sinne war auch der neue Bundesvertrag gehalten,
welchen Preußen und Rußland am 26. April in Bartenstein unterzeich-
neten. Die zwei Mächte verpflichteten sich die Waffen erst niederzulegen,
wenn Deutschland befreit und Frankreich über den Rhein zurückgeworfen
sei; das deutsche Gebiet sollte durch eine Festungsreihe auf dem linken
Rheinufer, Oesterreich im Südwesten durch Tyrol und die Minciolinie
gesichert werden; statt des Rheinbundes ein deutscher Bund von souve-
ränen Staaten unter der gemeinsamen Führung der beiden Großmächte,
dergestalt, daß Oesterreich im Süden, Preußen im Norden den Ober-
befehl erhielte; Wiederherstellung Preußens auf den Besitzstand von 1805,
mit Abrundungen und verstärkten Grenzen; endlich Vergrößerung des
welfischen Hausbesitzes auf deutschem Boden und wo möglich Wiederauf-
richtung der Unabhängigkeit Hollands. Ein besonderer Artikel behielt der
Hofburg den Zutritt zu dem Bündniß ausdrücklich vor; auch auf den
Anschluß Englands und Schwedens rechnete man sicher. Mit erstaun-
licher Zuversicht wurden hier schon fast alle die Gedanken verkündigt,
welche das Jahr 1814 verwirklichen sollte.
Doch eben die Kühnheit dieser Politik erschreckte den Wiener Hof.
Graf Stadion hörte befremdet, daß man so verwegene Pläne ohne das
Zuthun der Hofburg zu entwerfen wagte, und wollte behutsam nicht über
den Preßburger Frieden hinausgehen. Und wie wenig entsprach doch die
russische Kriegführung dem stolzen Fluge der Hardenbergischen Entwürfe.
Allein die Laune des Glücks und die Tapferkeit der Soldaten hatten der
Mittelmäßigkeit des Generals Bennigsen die Lorbeeren von Eylau in den
Schooß geworfen; er hütete sich sorgsam seinen Ruhm wieder auf das