Preußens Verluste. 267
und Württemberg als das höchste Ehrenzeichen des Soldaten verehrt. In
Allem und Jedem war Friedrich August seinem Herrn zu Willen; er be—
durfte kaum der Mahnung des Imperators: „was Ihr für Preußen thut,
das thut Ihr gegen Euch!“
So ging das alte Preußen unter dem Frohlocken der deutschen Klein—
staaterei zu Grunde. Anders dachten die Bewohner der alten preußischen
Provinzen, als ihr König ihnen mit würdigen Worten verkündete: „was Jahr—
hunderte und biedere Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen
verbunden hatten mußte getrennt werden.“ Stumpf und gelassen hatte das
Volk der hunderte von deutschen Staaten, die in den Stürmen dieser wilden
Zeit dahingesunken, sein Schicksal ertragen; die aber jetzt von Preußen los—
gerissen wurden, empfanden bis in das Mark ihres Lebens, was ein ehren—
hafter Staat dem Menschen bedeutet. Der unglückliche Monarch konnte kaum
seine Fassung behaupten, da ihm aus Ostfriesland und Magdeburg, aus
Thorn und Westphalen, aus allen seinen verlorenen deutschen Landen
Briefe voll heißen Dankes, voll erschütternder Klagen zukamen; die treuen
Bauern der Grasschaft Mark schrieben in ihrem derben Platt: „das Herz
wollte uns brechen, als wir Deinen Abschied lasen; so wahr wir leben, es
ist nicht Deine Schuld!“ Auch die deutschen Einwanderer in den polnischen
Provinzen schieden schweren Herzens von der alten Monarchie. Und wie
furchtbar war das Land verwüstet, das dem Könige noch blieb; ein ein-
ziges Jahr hatte die reiche Friedensarbeit dreier Jahrzehnte zerstört. Erst
seit diesem Kriege nahm das häusliche Leben Norddeutschlands durchweg
den Charakter kahler Dürftigkeit an. Vorher hatten doch einige Zweige
des Kunstgewerbes noch in leidlicher Blüthe gestanden; jetzt erst kam die
Zeit der allgemeinen Form= und Geschmacklosigkeit. Das Elend verrieth
sich überall: in den nüchternen Bauten, dem häßlichen Geräth, der kargen
Kost; ängstliche Sparsamkeit bestimmte alle Gewohnheiten des Lebens. In
dem unglücklichen Ostpreußen lagen weite Landstriche wie ausgestorben,
ganze Dorfschaften an der Passarge waren verschwunden; die Prediger
mahnten von der Kanzel: wer da wolle möge ernten, daß nur das Korn
nicht auf dem Halme verderbe. Der Sieger aber sorgte auch nach dem
Frieden mit peinlicher Strenge für die Ausplünderung des verhaßten
Landes. Alle Kranken aus den Hospitälern in Warschau und Westphalen
ließ er sofort nach Preußen schaffen; wo eines seiner Regimenter abzog,
wurden zuvor alle königlichen Magazine und Vorräthe verkauft, bis herab
zu den Beständen der Salzwerke und der Porzellanfabrik. Keine Flinte,
so befahl er, und kein Pulverkorn darf im Lande verbleiben, auch nicht
wenn die Preußen sie baar bezahlen wollen; ich habe keinen Grund mehr
Preußen zu schonen. Gegen den klaren Wortlaut des Tilsiter Vertrages
wurde Neu-Schlesien sofort mit Warschau vereinigt; die Beschwerden des
Königs, hieß es kurzab, seien sinnlos, keiner Widerlegung werth.
Das Entsetzlichste blieb doch, daß mit allen diesen Opfern die Ruhe