462 I. 4. Der Befreiungskrieg.
durch die blutige Arbeit zweier Tage nichts weiter gewonnen als den Besitz
des Schlachtfeldes. „Was?“ — rief er grimmig, — „kein Ergebniß, keine
Trophäen, keine Gefangenen nach einer solchen Schlächterei?" 40,000
Mann waren gefallen, davon 25,000 Franzosen; die Flammen der bren-
nenden Dörfer ringsum beleuchteten die gräßliche Wahlstatt.
Sofort nach dem unfruchtbaren Siege nahm Napoleon seine alten
Pläne wieder auf und entsendete Oudinot's Corps gegen Berlin; der aber
wurde von Bülow und Oppen nach einem wüthenden Kampfe in der
brennenden Vorstadt von Luckau zurückgeworfen (4. Juni). Es war das
erste jener vier blutigen Treffen und Schlachten, wodurch Preußen sich
in diesem Sommer den Besitz seiner Hauptstadt sicherte. In denselben
Tagen jedoch ging das befreite Hamburg wieder an die Franzosen ver-
loren. Die unkriegerischen Gewohnheiten der reichen Handelsstadt rächten
sich in der Zeit der Noth. Der schwerfällige bedachtsame Senat wußte
nichts anzufangen mit dem tapferen Bürger Mettlerkamp und den vielen
anderen wackeren Patrioten, die sich zur Vertheidigung der Vaterstadt
erboten. Tettenborn's Leichtsinn hatte für die Sicherung des gefährdeten
Platzes wenig gethan; Bernadotte wollte, da er in Pommern das ver-
sprochene russische Hilfscorps nicht vorfand, seine kleine schwedische Armee
nicht auf das Spiel setzen und unterließ jeden Entsatzversuch. Schon
am 30. Mai konnte Davoust in die rebellische gute Stadt des Kaiser-
reichs wieder einziehen. Eine Schreckensherrschaft brach herein, wie der
deutsche Boden sie noch nie gesehen; Standgerichte und Brandschatzungen
zeigten den deutschen Bürgern was es heiße, dem Kaiser der Franzosen
den Gehorsam aufzusagen. Der offene Platz wurde rasch mit Festungs-
werken umgeben, wobei die unglücklichen Bewohner selber schanzen mußten,
und durch die Vertreibung von 25,000 armen Leuten für eine lange Ver-
theidigung eingerichtet. Die feste Elblinie von Dresden bis zur See war
wieder in Frankreichs Händen.
In einem Kriegsrathe der Monarchen zu Lauban vertrat Harden-
berg, unterstützt von den preußischen Generalen, die Ansicht, daß die
alliirte Armee, statt gradeswegs nach Osten zurückzugehen, vielmehr süd-
wärts nach Schweidnitz an die Abhänge des Riesengebirges ausbiegen
solle.'"“ So gab man zwar, Alles auf eine Karte setzend, die Hauptmasse
der preußischen Monarchie rücksichtslos dem Feinde preis, doch man hielt
die Verbindung mit Oesterreich fest und damit die letzte Möglichkeit des
Sieges. Der Rath ward befolgt. Dann ließ Blücher in der Ebene von
Haynau seine Reiter plötzlich aus einem Hinterhalte gegen die Spitzen
der nachdrängenden französischen Armee vorbrechen (26. Mai) und warf
die Feinde so weit zurück, daß sie die Fühlung mit den Alliirten verloren
und die veränderte Richtung des Rückzugs nicht bemerkten. Mit Be-
fremden entdeckte Napoleon nach einigen Tagen, daß die Verbündeten in
*) Hardenberg's Journal, 23. Mai 1813.