Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Die Monarchen in England. 575 
bürgerlichen Lebens forderten gebieterisch ihr Recht. Wie ging diesen Frei— 
willigen das Herz auf, als sie aus dem wüsten Getöse des Kriegslagers 
wieder hinübertraten in des Friedens heilige Sabbathstille. Da lag es 
strahlend in der Blüthenpracht seines Frühlings, das herrliche Rheinland 
und es war wieder unser und die Glocken seiner alten Dome läuteten 
zur Feier deutscher Siege. Recht aus dem Herzen seiner Kameraden rief 
Schenkendorf: 
Wie mir deine Freuden winken 
Nach der Knechtschaft, nach dem Streit! 
Vaterland, ich muß versinken 
Hier in Deiner Herrlichkeit! 
Und wie hatte sich das Urtheil des Auslandes über die Deutschen ge— 
ändert, seit die bestechende Macht des Erfolges für sie redete. Frau von 
Staöl gestand wehmüthig: so sei es nun doch, die Freiheit gehe heute wie 
die Sonne im Osten auf; Pozzo di Borgo und Capodistrias meinten: 
der feste Hort der europäischen Gesittung bleibe doch dies alte Deutschland 
mit seiner Treue, seinem Muthe und der Macht seiner tiefen Leidenschaft 
überall sonst Fels oder Sand, hier allein fruchtbares Erdreich. 
Auch in England waren die Preußen die Helden des Tages, als der 
König und der Czar mit Metternich und Blücher von Paris aus zum 
Besuche des Prinzregenten hinüberkamen. Die unverdorbene Masse des 
Volkes drängte sich mit urkräftiger Begeisterung um Blücher und Gnei- 
senau, kaum waren sie ihres Lebens sicher bei den tollen Ausbrüchen der 
ungestümen Freude; höchstens der tapfere Kosakenhetman Platow kam 
neben ihnen noch auf. Wie viel hundertmal, bis zum Tode des alten 
Feldmarschalls, ist in englischen Häusern der Ruf erklungen: drink a 
cup for old Blucher! Dem stolzen Adel aber gefiel weder die schlichte 
Erscheinung des Königs noch die soldatische Derbheit seiner Generale. 
Allein Metternich verstand die Herzen der vornehmen Welt zu gewinnen; 
sein Verhältniß zu dem Tory-Cabinet ward täglich vertrauter. Die Ab- 
neigung des Hofes gegen Rußland steigerte sich durch den persönlichen 
Verkehr bis zu tiefem Hasse. Die vollendete Nichtigkeit des Welfen wi- 
derte den Czaren an; der liberale Selbstherrscher vernahm mit unver- 
hohlener Verachtung, wie der Prinzregent sich kaum auf die Straße hin- 
aus wagen durfte, wie der Londoner Pöbel dem Ehebrecher zurief: wo 
hast Du Deine Frau gelassen? Die Torys ihrerseits hörten mit Abschen 
die großen Worte Alexander's über Völkerfreiheit und Völkerglück; er war 
ihnen „halb ein Narr, halb ein Bonaparte". Ihr Zorn wuchs noch als 
eben in diesen Tagen ein Lieblingswunsch ihres Hofes zu Schanden wurde. 
Der junge Prinz von Oranien war in London eingetroffen und hatte die 
lang geplante Verlobung mit der Prinzessin Charlotte abgeschlossen; Alles 
hoffte auf die Wiederkehr der Zeiten Wilhelm's III. Wenn nur der kleine 
Trotzkopf der Prinzessin selber nicht gewesen wäre, der doch auch mitzu-
	        
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