Oesterreich und die Albertiner. 577
Kaisers von Oesterreich machen.“ Seine Staatsmänner aber gaben ihre
dualistischen Pläne noch nicht auf. Knesebeck entwarf noch in Paris eine
neue Denkschrift, die dem Hause Oesterreich nochmals den Breisgau und
außerdem Mannheim, als den künftigen Hauptwaffenplatz Süddeutschlands,
anbot.) Unter den Wiener Staatsmännern war allein Stadion diesem
Gedanken günstig; er lebte noch in den Anschauungen eines schwäbischen
Reichsgrafen und sagte zu Humboldt treffend: durch den Verzicht auf
seine oberrheinischen Lande „würde Oesterreich fast aufhören ein deutscher
Staat zu sein“. Metternich aber blieb fest und erklärte endlich im August
dem preußischen Gesandten mit ungewohnter Bestimmtheit: der ganze
Plan sei unannehmbar. So hat Oesterreich, nach Stadion's Worten,
aufgehört ein deutscher Staat zu sein — allein durch den freien Ent-
schluß seines Hofes, gegen Preußens dringenden Wunsch.
In jeder der großen schwebenden Gebietsfragen war Metternich der
entschiedene Gegner Preußens. Wie er Mainz bereits an Baiern ver-
sprochen, so war er auch in der polnischen Sache mit dem arglosen
Staatskanzler keineswegs einverstanden, sondern fand Hardenberg's For-
derungen viel zu niedrig und wollte Rußland noch weiter in den Osten
drängen. Die Hofburg täuschte sich weder über den untrennbaren Zu-
sammenhang der sächsischen und der polnischen Frage noch über die na-
türliche Interessengemeinschaft der preußischen und der russischen Politik.
Im Juni sagte Kaiser Franz zu einem Bevollmächtigten des gefangenen
Königs, General Zeschau: er finde die Entthronung Friedrich August's
unbillig und unmoralisch, „denn wir haben ja jetzt den Krieg geführt um
Alles wieder auf den alten Fuß herzustellen. Aber es handelt sich darum,
daß Rußland nichts von Polen hergeben will, und dafür mag Preußen
sich in Sachsen entschädigen.“ Er habe darum, fuhr er fort, seinem Mi-
nister befohlen alle Verhandlungen über diese Fragen auf den Congreß zu
verschieben, „weil ich hoffe, daß man hier der Sache eine bessere Rich-
tung geben kann.“ Der General möge das seinem Könige erzählen;
„schreiben kann ich's nicht.“““) Schon im Laufe des Winters war ein
sächsischer Agent Freiherr von Uechtritz durch die Kosaken des sächsischen
Generalgouvernements aufgefangen worden. Aus seinen Papieren ergab
sich, daß der entlassene sächsische Minister Graf Senfft von König Fried-
rich August bevollmächtigt werden sollte mit den Mächten insgeheim wegen
der Wiedereinsetzung des albertinischen Hauses zu verhandeln; der Ver-
kehr zwischen Senfft und seinem gefangenen Herrn sollte durch die Hände
des Grafen Zichy, des k. k. Gesandten in Berlin gehen! Während des
Sommers versuchte Kaiser Franz abermals vergeblich den König von Preu-
*) Knesebeck's Denkschrift über den Frieden von Paris (undatirt, in Paris geschrieben).
**) Nach Zeschauf's Aufzeichnungen (Erinnerungen an General H. W. v. Zeschau.
Dresden 1866.) S. 69.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. I. 37