Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

588 I. 5. Ende der Kriegszeit. 
kann als zur Verstärkung Preußens beizutragen, ganz wie Preußen mit 
großer Freude die Vergrößerung und Kräftigung Oesterreichs sehen 
wird. Ich sehe mit Schmerz — und ich habe die Beweise dafür — 
daß es noch sehr achtenswerthe Männer giebt, die von diesen großen 
Wahrheiten noch nicht durchdrungen sind, sondern im Gegentheil nach 
den politischen Ansichten des vergangenen Jahrhunderts denken und 
handeln."“ 
Dann erklärt sich der Staatskanzler über Mainz: wir werden diesen 
Platz niemals an Baiern ausliefern, auch die bairischen Ansprüche auf 
Frankfurt und Hanau entschieden bekämpfen. Um Metternich zu über- 
zeugen ward eine Denkschrift Knesebeck's beigefügt, die mit einem großen 
Aufwande schwerfälliger militärischer Gelehrsamkeit den richtigen Satz be- 
wies, daß Mainz für die Vertheidigung von Nord= und Mitteldeutschland 
unentbehrlich sei. Fürst Metternich irrt, so fährt Hardenberg fort, wenn 
er Baiern durch Gefälligkeit zu gewinnen hofft. „Er wird diesen Staat 
nie zufrieden stellen. Diese werdende, unablässig ländergierige Macht ist, 
ganz wie Württemberg, ein drohendes und schädliches Element in dem 
System unserer deutschen Politik geworden. In diesem Systeme kann es 
nach Lage der Umstände nur noch ein Ziel geben, wonach Oesterreich 
und Preußen im eigenen und allgemeinen Interesse trachten müssen: die 
Macht und den entscheidenden Einfluß zwischen den beiden Großmächten 
zu theilen und diesen Einfluß gemeinsam, in vollkommenster Eintracht 
auszuüben.“" Darum müssen auch die Länder des linken Rheinufers an 
Oesterreich und Preußen kommen. „Dies ist unzweifelhaft das einzige 
Mittel um die deutschen Staaten zweiten und dritten Ranges von unserem 
Systeme abhängig zu machen und dasselbe zu sichern. Kleine Staaten 
auf dem linken Ufer werden immer unter dem Einfluß Frankreichs stehen, 
immer Ränke schmieden, unablässig das Gleichgewicht, das wir aufrichten 
wollen, zu untergraben drohen."“ 
Kein Wort in diesen Zeilen, das nicht den Plänen Metternich's 
in's Gesicht schlug, und doch wähnte Hardenberg mit dem Oesterreicher 
wesentlich eines Sinnes zu sein. Völlig verblendet warf er sich dem 
falschen Freunde in die Arme, führte den Staat einer beschämenden 
Niederlage entgegen. Der König dachte anders, er verhehlte nicht, daß 
er den Czaren noch immer als den besten Bundesgenossen Preußens an- 
sehe, wofür ihn Hardenberg in seinen Tagebüchern mit gewohnter Un- 
fehlbarkeit der pusillanimité beschuldigte. Nach seiner allzu schonenden 
Weise ließ Friedrich Wilhelm den Staatskanzler vorläufig schalten, doch 
er nahm sich vor den Bruch mit Rußland auf keinen Fall zu dulden, 
und durch diesen rettenden Entschluß sollte er bald nachher den Staat 
wieder in die Bahnen der nationalen Politik zurückführen. — 
Währenddem schritt man rüstig an die Neuordnung der Verwaltung, 
noch bevor die Grenzen des Staatsgebietes irgend fest standen. Der
	        
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