770 II. 2. Belle Alliance.
zurückzuerobern, ward er gänzlich geschlagen; die Ueberlegenheit der preußi—
schen Waffen zeigte sich so glänzend, daß Davoust noch am selben Morgen
sich zur Uebergabe bereit erklärte. Blücher sendete den General Müff—
ling als Unterhändler. Der hatte einst in Blücher's Namen die unver—
geßliche Capitulation von Ratkau abgeschlossen; der Alte konnte ihn seitdem
nie ohne stillen Aerger ansehen und hieß ihn jetzt eine andere Capitu—
lation zu Stande bringen, die den letzten Flecken von seinem Ehrenschilde
tilgen sollte. Binnen drei Tagen mußte die Stadt übergeben werden,
Davoust mit den Trümmern der Armee über die Loire zurückgehen. Trium—
phirend schrieb Blücher an Knesebeck: „Mein Tagewerk ist vollendet, Paris
ist mein! Meinen braven Truppen, ihrer Ausdauer und meinem eisernen
Willen verdanke ich Alles!“ Nachher ward noch der ganze Westen und
Norden des Landes von den Heeren der Verbündeten besetzt. Welche
Freude, als Scharnhorst's Schwiegersohn Friedrich Dohna seine Reiter
ihre Rosse in der Loire tränken ließ; er dachte stolz an seine tapferen
Ahnen, die in den Hugenottenkriegen gleichfalls den Schrecken der deut—
schen Waffen bis vor die Wälle von Blois und Orleans getragen hatten.
Diesmal wollte Blücher der verhaßten Stadt weder die Ehre seines
Besuches noch die Augenweide eines feierlichen Einzugs gönnen. Sie
sollte fühlen was der Krieg ist. Die Regimenter rückten einzeln ein und
wurden allesammt einquartiert, obgleich die Bourgeois über solche Beschim—
pfung leidenschaftlich klagten. Behörden und Bürgerschaft zeigten die
höchste Gehässigkeit; daß diese Preußen in vier Tagen der französischen
Kriegsherrlichkeit ein Ende gemacht, war ihnen eine unbegreifliche Unver—
schämtheit. Der Sieger verlangte die Zahlung von zwei Monaten Sold
für die Armee und sofort zwei Millionen Kriegssteuer; die Klagenden ver—
wies er an Daru: der verstehe, wie man das Geld zur Stelle schaffe.
Gleich am ersten Abend wurde das Danziger Bild von preußischen Mus-
ketieren aus dem Louvre entführt, und nun begann die Zurücknahme
des Raubes. Haarklein müssen sie Alles herausgeben — meinte der
Alte und trieb zur Eile, damit die verfluchten Diplomatiker nicht dazwischen
kämen. Allein dem harten Willen des deutschen Feldherrn verdankte die
Welt, daß der europäische Skandal des großen Pariser Plünderungs-
magazins nun ein Ende nahm. Altenstein, Eichhorn und der junge
Kölnische Kunstforscher de Groote zeigten den preußischen Soldaten das
gestohlene Gut; doch trotz dem Spüreifer der deutschen Gelehrten ward
ein Theil des unübersehbaren Raubes nicht wieder aufgefunden. Nach-
dem die Preußen das Werk der Sühne einmal in Gang gebracht,
machten auch andere Staaten ihre Ansprüche geltend. Der Manuscripten-
schatz der Heidelberger Palatina, den einst Tilly nach Rom, dann Bona-
parte nach Paris entführt hatte, gelangte endlich wieder an den Neckar
zurück; das kunstsinnige Volk von Florenz empfing mit Sang und Klang
in bekränztem Zuge seine Götterbilder, die Venus und den Apollino, als