776 II. 2. Belle Alliance.
des Allerchristlichsten Königs betrachtete, sprach Hardenberg am 22. Juli
seine Forderungen aus.) Drei Ziele, sagt er, sind durch diesen Frie-
densschluß zu erreichen: Bürgschaft für die Ruhe Europas, Entschädigung
für die Kriegskosten, endlich Ausführung der beim ersten Frieden gegebenen
Versprechungen. Die Ruhe der Welt kann nur durch die Schwächung
der französischen Ostgrenze gesichert werden, da die Franzosen spätestens
nach Abzug unserer Heere sich wieder feindselig zeigen werden. Der letzte
Krieg hat die Verwundbarkeit der Niederlande offenbart, wie die mili-
tärische Schwäche Oberdeutschlands durch die napoleonischen Feldzüge er-
wiesen ist. Also Verstärkung der Niederlande durch eine Reihe franzö-
sischer Festungen; das Elsaß an Deutschland zurückgegeben, seine festen
Plätze durch Oesterreich besetzt; für Preußen die Festungen an der Saar
und der oberen Mosel; für die Schweiz einige Grenzfestungen im Jura,
für Piemont ganz Savoyen. Von Dünkirchen bis hinauf nach Cham-
bery und den savoyischen Seen sollte ein mehrere Meilen breiter Streifen,
der die ganze Ostgrenze entlang lief und die vorderste der drei Vaubaw#'schen
Festungsreihen umfaßte, abgetrennt werden, wie eine Landkarte aus der
Staatskanzlei näher angab.
Wie Preußen überall in diesem Kriege seine rücksichtslose Hingebung
an die gemeinsame Sache Europas bethätigt hatte, so forderte Hardenberg
auch von dem Siegespreise für seinen eigenen Staat unmittelbar nur wenig:
Metz, Diedenhofen und Saarlouis. Selbst Gneisenau hatte rasch ein-
gesehen, wie stark das allgemeine Mißtrauen gegen Preußen sei und rieth
daher jetzt, mehr für die Niederlande, Oesterreich und Süddeutschland als
für Preußen selbst zu verlangen; den Briten müsse man vorstellen: so
werde Preußen im Westen gesichert und könne gegen Rußland schärfer
auftreten"*). Als eine Möglichkeit bezeichnete der Staatskanzler endlich
noch die Losreißung der freien Grafschaft Burgund, die sich nach ihrer
alten Freiheit zurücksehne. In der allgemeinen Zerrüttung jener Tage
regten sich allerdings auch vereinzelte centrifugale Bestrebungen, die man
längst erstorben glaubte: sogar aus Lyon kamen Abgesandte zum Kaiser
Franz und baten, die Stadt als selbständige Republik von Frankreich ab-
zutrennen. In der Franche Comté waren die alten habsburgischen Ueber-
lieferungen noch sehr lebendig; Besancon, die Stadt Granvella's, bewahrte
in jeder Straße Erinnerungen an die goldenen Zeiten Karl's V., über dem
Thore des Rathhauses prangte noch der Adler mit dem alten stolzen Deo
et Caesari semper fidelis. Doch das Alles bedeutete wenig; der Ver-
nichtungskrieg des Convents gegen die Provinzen hatte mit einem voll-
ständigen Siege der Staatseinheit geendet. In allen den Landstrichen,
*) Hardenberg, Denkschrift über die von dem Comité der Vier zu befolgenden
Grundsätze, 22. Juli 1815.
**) Gneisenau an Hardenberg, 27. Juli 1815.