Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Die Barbaresken. 175 
päische Flotte zu stellen. Osterreich zeigte, wie in allen Fragen der 
Handelspolitik, eine unerschütterliche Gleichgültigkeit; als die Korsaren des 
Sultans von Marokko wieder einmal ein preußisches Schiff genommen 
hatten, schrieb Gentz höhnend: „sollte denn dieser gute Mann nicht wie 
andere Souveräne das Recht haben, Feindseligkeiten auszuüben wenn er 
beleidigt wird?“ 
Währenddem riefen die Hansestädte die Hilfe des Bundes an (16. Juni 
1817), und der Bundestag erkühnte sich zur Einsetzung einer Kommission. 
Graf Goltz hielt für nötig diese unerhörte Verwegenheit zu entschuldigen 
und beteuerte seinem Könige, „daß es die Absicht der Versammlung weder 
jetzt noch künftig sein kann und wird, sich unberufen in Beziehungen der 
europäischen Politik zu mischen; sie handelt nicht aus Anmaßung, sondern 
in der Überzeugung, daß Ew. K. Maj. und die Großmächte Europas dies 
durch den Zweck ihrer Bestimmung und ihren guten Willen, demselben 
treu zu entsprechen, zu entschuldigen geneigt sein werden.“) und wahrlich, 
demütig wie diese Entschuldigung lautete auch der Antrag der Kommission: 
der Bundestag möge Osterreich und Preußen ersuchen, daß sie ihrerseits 
mit Hilfe Frankreichs, Rußlands und der anderen Seemächte den eng- 
lischen Hof bewegen, gemeinsamen Maßregeln gegen die Barbaresken bei- 
zutreten. Unter allen deutschen Höfen fand sich nur einer, der die ganze 
Schmach eines solchen Antrags empfand. Vermutlich war dem Württem- 
berger Mandelsloh, der die Stimme Badens führte, von Nebenius oder 
einem andern der zahlreichen fähigen jungen Beamten in Karlsruhe ein 
Gutachten zugesendet worden; genug, im Namen Badens regte Mandelsloh 
zuerst den Gedanken einer deutschen Flotte an, freilich noch in sehr unbe- 
stimmten Umrissen. Er fragte: ob man den Seemächten mit Anstand 
zumuten könne, den deutschen Handel auf ihre Kosten zu beschützen? 
ob das Volk, das einst den gewaltigen Seeräuberbund der Vitalienbrüder 
vernichtete, nicht imstande sei einige Fregatten in See zu stellen und 
„ein paar elende Raubschiffe“ aus den deutschen Meeren zu vertreiben? 
Verstand doch selbst das kleine Portugal sich seiner Haut zu wehren gegen 
die Barbaresken! Der binnenländische Stumpfsinn der deutschen Bundes- 
politik fand auf solche Fragen keine Antwort. Nach einem halben Jahre 
(22. Dezember) ersuchte der Bundestag seine Kommission in ihren Be- 
mühungen fortzufahren, und damit war die Sache für den Bund erledigt, 
obgleich Preußen sich bereit erklärt hatte, einige Kriegsschiffe in das Mittel- 
meer zu senden.*) Die Barbaresken raubten fröhlich weiter. Umsonst 
bestürmte der antipiratische Verein, der in den Seeplätzen zusammenge- 
treten war, noch drei Jahre später die Wiener Ministerkonferenzen mit 
seinen Bitten. Nach wiederholten schweren Verlusten schrieben die Hanse- 
städte endlich im Jahre 1829 untertänigst an „den erhabenen und ruhm- 
*) Goltzs Bericht an den König, 17. Juni 1817. 
*) Raumers Denkschrift über die Barbaresken, Dezember 1817. 
 
	        
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