Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

176 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages. 
würdigen Monarchen, den mächtigen und sehr edlen Fürsten, Seine Kaiser— 
liche Majestät Sultan Abderrhaman“ von Marokko und erboten sich, unter 
Englands Vermittlung wegen einer Tributzahlung zu verhandeln. Be— 
vor diese Unterhandlung zum Ziele gelangt war, zogen jedoch die fran— 
zösischen Eroberer in Algier ein, erzwangen den Frieden an den Küsten 
Nordafrikas und beendigten die häßlichste Episode aus der häßlichen Ge— 
schichte der orientalischen Frage. 
Auch den zahlreichen Beschwerden und Bitten der mediatisierten Reichs— 
stände begegnete der Bundestag mit unverwüstlicher Trägheit. Schon auf 
dem Wiener Kongresse hatte Preußen vorgeschlagen, den Mediatisierten 
einige Kuriatstimmen am Bundestage zu gewähren, damit der schwer miß— 
handelte hohe Adel sich mit der neuen Ordnung der deutschen Dinge ver— 
söhnen und aus seiner unnatürlichen Sonderstellung wieder heraustreten 
könne. Aber der Antrag scheiterte an der Eifersucht der rheinbündischen 
Höfe. Die Bundesakte verhieß den Mediatisierten (Art. 14) eine lange 
Reihe von Vorrechten in Sachen der Besteuerung, des Gerichtsstandes 
usw. — Privilegien, die den modernen Vorstellungen von Staatseinheit 
und Rechtsgleichheit widersprachen und also die öffentliche Meinung auch 
gegen die gerechten Ansprüche der alten Reichsstände verstimmten. Uber 
die Kuriatstimmen sagte der Art. 6 der Bundesakte nur, die Bundesver— 
sammlung solle diese Frage bei Beratung der organischen Gesetze in Er— 
wägung nehmen. Die Verheißungen des Art. 14 wurden in den größeren 
Staaten, begreiflich genug, weit bereitwilliger ausgeführt als von den kleinen 
Fürsten, denen die Mediatisierten als gefährliche Nebenbuhler erschienen. 
In Osterreich, dem klassischen Lande der Adelsprivilegien, stand der hohe 
Reichsadel von jeher in Gnaden, schon weil er vor alters immer zur kaiser— 
lichen Partei gehört hatte. Auch der König von Preußen betrachtete es als 
fürstliche Ehrenpflicht, das den Entthronten widerfahrene Unrecht zu sühnen 
und erließ schon am 21. Juli 1815 eine Verordnung, welche weit über 
die Verheißungen der Bundesakte hinausging und den Mediatisierten, fast 
allzu großmütig, sehr bedeutende Vorrechte, sogar die Befreiung von allen 
direkten Steuern gewährte. Peinlicher war ihre Lage in Bayern. Mont— 
gelas und seine Bureaukratie konnten sich's nicht versagen, diese erlauchten 
Geschlechter zuweilen das Halsband der Untertänigkeit fühlen zu lassen; 
man zwang sie ihre Adelsbriefe gegen hohe Gebühren bei dem Heroldsamte 
eintragen zu lassen und sprach amtlich nur noch von Herrn Waldburg, als 
der Fürst von Waldburg-Zeil die Zahlung verweigerte. Immerhin besaßen 
die bayrischen Standesherren noch einen leidlich festen Rechtsboden an 
einer königlichen Verordnung v. J. 1807, die den Vorschriften der Bundes- 
akte zum Muster gedient hatte. 
In Württemberg dagegen, in Baden, Nassau und beiden Hessen nahm 
der Hader kein Ende; alle diese Höfe ahnten, daß die Fürstenberg, Lei- 
ningen, Löwenstein und Hohenlohe sich niemals schlichtweg als badische oder
	        
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