220 II. 5. Die Wiederherstellung des preußischen Staates.
im Geiste dieses Planes, ebensowohl auswärtige Beschränkungen des Han—
dels zu erwidern als Willfährigkeit zu vergelten und nachbarliches An—
schließen an ein gemeinsames Interesse zu fördern.“ Ebenso erklärte er
den Elberfeldern: die preußischen Zollinien sollten dazu dienen „eine allge—
meine Ausdehnung oder sonstige Vereinigung vorzubereiten.“
Damit wurde deutlich angekündigt, daß der Staat, der seit Langem
das Schwert des alten Kaisertums führte, jetzt auch die handelspolitischen
Reformgedanken der Reichspolitik des sechzehnten Jahrhunderts wieder auf—
nahm und bereit war, der Nation nach und nach die Einheit des wirt—
schaftlichen Lebens zu schaffen, welche ihr im ganzen Verlaufe ihrer Geschichte
immer gefehlt hatte. Er dachte dies Ziel, das sich nicht mit einem Sprunge
erjagen ließ, schrittweis, in bedachtsamer Annäherung, durch Verträge
von Staat zu Staat zu erreichen. Mars und Merkur sind die Gestirne,
welche in diesem Jahrhundert der Arbeit das Geschick der Staaten vor-
nehmlich bestimmen. Das Heerwesen und die Handelspolitik der Hohen-
zollern bildeten fortan die beiden Rechtstitel, auf denen Preußens Führer-
stellung in Deutschland ruhte. Und diese Handelspolitik war ausschließlich
das Werk der Krone und ihres Beamtentums. Sie begegnete, auch als
ihre letzten Ziele sich späterhin völlig enthüllten, regelmäßig dem verblendeten
Widerstande der Nation. Im Zeitalter der Reformation war die wirtschaft-
liche Einigung unseres Vaterlandes an dem Widerstande der Reichsstädte
gescheitert; im neunzehnten Jahrhundert ward sie recht eigentlich gegen den
Willen der Mehrzahl der Deutschen von neuem begonnen und vollendet.
Im Kampfe gegen das preußische Zollgesetz hielten alle deutschen Par-
teien zusammen, Kotzebues Wochenblatt so gut wie Ludens Nemesis. Ver-
geblich widerlegte J. G. Hoffmann in der Preußischen Staatszeitung mit
überlegener Sachkenntnis das fast durchweg wertlose nationalökonomische
Gerede der Presse. Dieselben Schutzzöllner, die um Hilfe riefen für die
deutsche Industrie, schalten zugleich über die unerschwinglichen Sätze des
preußischen Tarifs, der doch jenen Schutz gewährte. Dieselben Liberalen,
die den Bundestag als einen völlig unbrauchbaren Körper verspotteten,
forderten von dieser Behörde eine schöpferische handelspolitische Tat. Wenn
Hoffmann nachwies, daß das neue Gesetz eine Wohltat für Deutschland
sei, so erwiderten Pölitz, Krug und andere sächsische Publizisten, kein Staat
habe das Recht, seinen Nachbarn Wohltaten aufzudrängen. Alberne
Jagdgeschichten wurden mit der höchsten Bestimmtheit wiederholt und von
der Unwissenheit der Leser begierig geglaubt. Da hatte ein armer Höker
aus dem Reußischen, als er seinen Schubkarren voll Gemüse zum Leip-
ziger Wochenmarkt fuhr, einen Taler Durchfuhrzoll an die preußische
Maut zahlen müssen — nur schade, daß Preußen von solchen Waren
gar keinen Zoll erhob. Auch die Sentimentalität ward gegen Preußen
ins Feld geführt; sie findet sich ja bei den Deutschen immer ein, wenn
ihnen die Gedanken ausgehen. Da war gleich am ersten Tage, als das