Karl Friedrich und Karl von Baden. 359
Aufhebung der Leibeigenschaft gesendet. Und welch ein Jubel vollends, als
Karl Friedrich dem wackeren Holzhändler Anton Rindeschwender, dem
Wohltäter des Murgtals, der Landesherr dem Untertan, ein Denkmal
errichtete. Herder meinte, das sei der erste Fürst ganz ohne Fürstenmiene.
Daher fand die Propaganda der Franzosen, als sie von Basel aus die
Verfassungsurkunde der Deutschen Republik im Oberlande verbreiteten, in
den zufriedenen Markgrafenlanden nur vereinzelte Anhänger, ungleich
weniger als in Württemberg und Bayern. Auch in den neuen Landes-
teilen verfuhr der Organisator der badischen Verwaltung Geh. Rat
Brauer weit schonender als die harten Bureaukraten der Nachbarstaaten;
nur der Klerus beklagte, daß selbst dieser fromme Christ das Mißtrauen
gegen die katholische Kirche, das allen altbadischen Beamten eigen war,
nicht überwinden konnte. Da der Adel in der Pfalz und im Breisgau
den neuen Staat mit stillem Grolle ansah, so bewahrte sich das Be-
amtentum seinen überwiegend bürgerlichen Charakter; auch die törichte
rheinbündische Erfindung des Personaladels für Ordensritter, die in
Bayern und Württemberg manchen eitlen Kopf verdrehte, blieb hier un-
bekannt. Die neue Ordnung fand ihren Abschluß durch die Einführung
des badischen Landrechts, einer geschickten Bearbeitung des Code Napoleon.
Alles in diesem Staate war modern.
Erst nach Karl Friedrichs Ableben traten die Mächte des Zerfalls,
welche der neue Staat umschloß, drohend hervor. Sein Enkel, der junge
Großherzog Karl war durch eine herrschsüchtige Mutter aller ernsten
Arbeit entfremdet worden und hatte sich früh in Ausschweifungen ge-
stürzt, in der Blüte der Jahre die Lebenskraft verloren. Begabt und
liebenswürdig von Natur versank er bald in ein dumpfes, träges Brüten;
ganze Zimmer seines Schlosses lagen angefüllt mit Akten, Briefen, Zu-
sendungen aller Art, die er weder selbst erledigen noch irgend einem
Menschen anvertrauen wollte. So lebte der arme Kranke dahin, freund-
los, verschlossen, unergründlich, immer mit seinen schönen, schlauen Augen
um sich spähend, wer ihn wohl betrügen wolle; nur seine Gemahlin
Stephanie Beauharnais, die er einst auf Napoleons Befehl widerwillig
geheiratet hatte, trat ihm jetzt näher, da er einem frühen Tode entgegen-
welkte, und beglückte ihn durch den Reichtum ihres fröhlichen Herzens.
Unter einem solchen Fürsten ward alles unberechenbar. Unter-
stützt durch den französischen Gesandten Bignon gelangte eine bonapar-
tistische Partei ans Ruder, und unternahm, den kleinen Staat sofort nach
dem Pariser Muster umzugestalten; durch Härte und Willkür ging alles
Vertrauen, das sich die neue Landesherrschaft mühsam erworben hatte,
wieder verloren. Die Beamten verwilderten erstaunlich schnell; sie hatten
sich schon in der guten alten Zeit durch ihren bureaukratischen Bevor-
mundungseifer ausgezeichnet, jetzt wurde Baden neben Darmstadt und
Nassau das klassische Land des unnützen Vielregierens. Auf mancher