Die Karlsbader Beschlüsse vor dem Bundestage. 571
und dann sogleich die Ferien eintreten zu lassen. Dieselbe Weisung erging
gleichzeitig an Graf Goltz, der nunmehr endlich durch Buol, Plessen und
Marschall in die Karlsbader Geheimnisse eingeweiht wurde.“) Andere der
Karlsbader Verschworenen hielten nicht einmal für nötig ihre eigenen
Bundesgesandten aufzuklären. Der Karlsruher Hof sendete seinem Bun—
desgesandten erst am 13. Sept. den lakonischen Befehl: „da nach einge-
gangenen Nachrichten in einer der nächsten Sitzungen der k. k. Gesandte
über die Karlsbader Konferenzen einen Vortrag erstatten werde“, so solle
der Badener „der k. k. Abstimmung sich ohne weiteres anschließen“ und
zu Mitgliedern der Zentral-Untersuchungskommission die sieben in Karls-
bad bezeichneten Staaten wählen.)
Den von den Konferenzen ausgeschlossenen Regierungen wurde auch
jetzt noch jede genaue Nachricht vorenthalten. Bernstorff begnügte sich, den
preußischen Gesandten an den kleinen Höfen eine kurze Übersicht über
die Ergebnisse der Konferenzen zu schicken, die ganz ebenso summarisch
gehalten war wie unlängst die vorläufige Mitteilung an den dänischen
Hof.““) Unbesehen, wie einst die Rheinbundsakte von den Getreuen Na-
poleons sollten die Karlsbader Beschlüsse von den Vasallen Osterreichs
genehmigt werden. In schönem Wetteifer erklärten die Diplomaten der
neun Eingeweihten an allen kleinen Höfen, nur die Eintracht aller Re-
gierungen könne Deutschland aus seiner schweren Bedrängnis erretten;
und wo es not tat, da spielte der k. k. Gesandte noch seinen letzten
Trumpf aus und drohte mit dem Austritt Osterreichs. Einzig der Darm-
städter Hof, dem man ja einen Platz in der Zentral-Untersuchungskom-
mission zugedacht hatte, ward einer gründlicheren Mitteilung gewürdigt.
Die Gesandten der beiden Großmächte, Handel und Otterstedt, begaben
sich zu dem Großherzoge, erzählten ihm das wesentliche und beschworen
ihn „das Heil des gemeinsamen Vaterlandes durch die unbedingte Ein-
mütigkeit aller Bundesglieder“ zu sichern. Der würdige alte Herr zeigte
sich wenig erfreut über die drohende Beschränkung seiner Souveränität,
aber auch er glaubte an die große Demagogengefahr und behielt sich nur
vor, bei der Verkündigung der Karlsbader Beschlüsse seinem Lande zu-
gleich zu versprechen, daß die Verfassung bis zum 1. Mai 1820 erscheinen
solle; die Regierungen, so warnte er, dürfen sich nicht den Anschein geben,
als ob sie Anderer Willkür beschränken wollten, nur ihre eigene nicht.7)
Also war alles für den großen Schlag vorbereitet. Am 14. Sep-
tember gab Buol dem Bundestage die erste vertrauliche Mitteilung über
*) Bernstorff an Goltz, 1. Sept.; Goltzs Bericht, 7. Sept. 1819.
**) Ministerialinstruktion an den badischen Bundesgesandten, 13. Sept. 1819.
*#*) Bernstorff, kurze Ubersicht über die Resultate der Karlsbader Verhandlungen
(ohne Datum, vermutlich vom 9. Sept. 1819).
) Bernstorff, Weisung an Otterstedt, 1. Sept.; Otterstedts Berichte, Darmstadt
11., 13. Sept. 1819.