172 III. 3. Troppau und Laibach.
künftigen Herrn"“ zu verständigen, schickte ihm die Akten über die Verfassungs-
sache, bat um sein Urtheil, doch der Prinz vertröstete ihn wie sein Vater
auf die Zeit der Heimkehr.“)
Trotz dieser verlockenden Gunst der Umstände ließ sich Metternich zu
keinem unbedachten Schritte verleiten. Er unterschätzte zwar den Charakter
des Königs, wie er alles Preußische mißachtete; immerhin kannte er die
einfache Natur Friedrich Wilhelm's genugsam um zu wissen, daß er diesem
Fürsten nicht kurzweg rathen durfte das Versprechen von 1815 förmlich zu
brechen. Darum hatte er weder auf dem Aachener Congresse noch in dem
verhängnißvollen Teplitzer Gespräche den Plan einer preußischen Verfassung
schlechthin bekämpft, sondern sich begnügt das Repräsentativsystem zu wider-
rathen. Auch hier in Troppau deckte er seine Karten nicht vor der Zeit
auf, sondern übergab dem Grafen Bernstorff eine vorsichtig gehaltene
Denkschrift, die er dem Könige selbst wahrscheinlich schon vor'm Jahre in
Teplitz mitgetheilt hatte.“) Diese zweite österreichische Denkschrift über
Preußens Verfassung berief sich auf das Aachener Memoire und wieder-
holte im Wesentlichen die damals gegebenen Rathschläge, nur in besserer
Fassung und mit Weglassung aller der Schnitzer und Gedankenlosigkeiten,
welche in Aachen der Feder Metternich's entschlüpft waren. Sie verlangte
ständische Landtage für die Provinzen und einen aus den Provinzialständen
hervorgehenden Allgemeinen Landtag — also genau das Nämliche, was
Hardenberg seit fünf Jahren erstrebte. An dem Tone ließ sich freilich
errathen, daß der Verfasser die Einberufung des Allgemeinen Landtags zu
vertagen oder auch ganz zu verhindern hoffte. Wie unbestimmt lautete
doch der Satz: „Erfordert das allgemeine Interesse des Staates und der
Landesverwaltung eine mit der Regierung unmittelbar berathschlagende
Central-Repräsentation, so kann dieselbe nur aus Deputirten der Provinzial-
stände gebildet werden.“ Der arglose Staatskanzler aber fand nichts Ver-
fängliches darin.*) Er wußte nicht, welch ein gefährliches Spiel hinter
seinem Rücken getrieben wurde.
Ueber die vertrauten Unterredungen, welche der König in Troppau
mit den beiden Kaisern und mit Metternich gehalten hat, ist nichts Näheres
bekannt; aber der Erfolg zeigte, daß der Oesterreicher richtig berechnete, wo
diesmal der Hebel einzusetzen sei. Sein Plan war, die preußische Ver-
fassung in weite Ferne hinauszuschieben, bis das so lange verschleppte
Unternehmen zuletzt gänzlich einschlief. Und wie leicht, fast spielend, ließ
sich dieser Zweck jetzt erreichen, da der König und sein Thronfolger Beide
über die Communalordnungs-Entwürfe scharf aburtheilten; wie nahe lag
der Gedanke, diesen verfehlten ersten Theil des Verfassungsplanes noch
*) Hardenberg's Tagebuch, 5., 8., 11. Nov. 1820.
*) Mitgetheilt von P. Bailleu in der Historischen Zeitschrift 50, 190. Jahrg.
1883. Näheres über die Entstehungszeit dieser Denkschrift s. in Beilage 8.
* *) Hardenberg's Tagebuch, 31. Dec. 1820.