Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

338 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
die Absichten der Hofburg unterrichtet. Vier Tage darauf ging das wohl— 
vorbereitete Schauspiel über die Bretter. Münch hielt einen langen 
Präsidialvortrag und führte darin auf Metternich's Befehl mehrere Stellen 
aus Zentner's Denkschrift wörtlich wieder an, damit die Anträge auch in 
der Form als ein gemeinsames Werk Baierns und Oesterreichs erschienen. 
Darauf beschloß der Bundestag einstimmig, die Giltigkeit des provisorischen 
Preßgesetzes bis zum Erlaß eines endgiltigen Gesetzes zu verlängern. Auch 
das Gesetz über die Universitäten sollte fortbestehen und inzwischen ein 
Ausschuß der Bundesversammlung die Gebrechen des deutschen Unterrichts— 
wesens näher prüfen. Endlich wurden alle Bundesstaaten verpflichtet, 
das monarchische Princip aufrecht zu erhalten und den Mißbräuchen der 
öffentlichen Landtagsverhandlungen durch eine strenge Geschäftsordnung, 
womöglich nach gemeinsamen Grundsätzen, vorzubeugen. 
Die meisten der kleinen Höfe, Berstett selbst gestand es späterhin, 
fügten sich nur widerwillig, jedoch der Schein der Freiheit blieb gewahrt, 
die Zustimmung ward durchweg ohne Vorbehalt gegeben, und nur Blitters- 
dorff's argwöhnisches Auge konnte aus den etwas gewundenen Sätzen des 
Votums der Ernestiner errathen, daß „der Wartburg-Geist“ in Weimar 
noch spuke. Das verheißene definitive Preßgesetz wagte man nicht an- 
zuregen, aus Furcht vor Unfrieden, und aus demselben Grunde trat auch 
der neue Bundesausschuß für das Universitätswesen niemals ins Leben. 
Der einzige Staat, welcher den bairisch-österreichischen Anträgen ein kleines 
Bedenken anhing, war, seltsam genug, Baiern selbst. Sein Gesandter 
willigte in die Verlängerung des Preßgesetzes mit den zweideutigen Worten: 
die im Jahre 1819 beschlossenen Maßregeln gegen die Presse sollten in 
allen deutschen Staaten „wie bisher“ gehandhabt werden. Baiern behielt 
sich also seinen bisherigen Sonderbrauch stillschweigend vor. Vergeblich 
hatte Metternich bis zuletzt versucht, diese Clausel zu beseitigen; endlich 
drückte er ein Auge zu, da Baiern ohnehin schon fest genug an Oester- 
reich gekettet war. Die Annahme der Karlsbader Beschlüsse war vor fünf 
Jahren nur durch einen Gewaltstreich gelungen, ihre Erneuerung jetzt war 
rechtlich unanfechtbar. Obwohl die vorgeschriebene förmliche Berathung 
nicht stattfand, so wurden doch alle übrigen Vorschriften der Geschäfts- 
ordnung eingehalten, und die verfassungsmäßige Einstimmigkeit kam zu 
Stande. Der Beschluß über die Landtage bedeutete sehr wenig; denn 
im Grunde stand es auch jetzt noch jedem Bundesstaate frei, die Schranken 
der Redefreiheit nach seinem Belieben zu ziehen. Aber ihr wichtigstes Ziel 
hatte die Hofburg erreicht, die Heilanstalt der Censur blieb den Deutschen 
auf unbestimmte Zeit hinaus gesichert. Der König von Preußen sprach 
dem österreichischen Staatskanzler in einem gnädigen Briefe seinen Dank 
aus, und Metternich meinte befriedigt, nunmehr erst sei der Deutsche 
Bund ganz in das System der großen Mächte verflochten.) Gentz aber 
*) Blittersdorff's Berichte, 12., 16., 22., 27. Aug. 1824. 
 
	        
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