338 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
die Absichten der Hofburg unterrichtet. Vier Tage darauf ging das wohl—
vorbereitete Schauspiel über die Bretter. Münch hielt einen langen
Präsidialvortrag und führte darin auf Metternich's Befehl mehrere Stellen
aus Zentner's Denkschrift wörtlich wieder an, damit die Anträge auch in
der Form als ein gemeinsames Werk Baierns und Oesterreichs erschienen.
Darauf beschloß der Bundestag einstimmig, die Giltigkeit des provisorischen
Preßgesetzes bis zum Erlaß eines endgiltigen Gesetzes zu verlängern. Auch
das Gesetz über die Universitäten sollte fortbestehen und inzwischen ein
Ausschuß der Bundesversammlung die Gebrechen des deutschen Unterrichts—
wesens näher prüfen. Endlich wurden alle Bundesstaaten verpflichtet,
das monarchische Princip aufrecht zu erhalten und den Mißbräuchen der
öffentlichen Landtagsverhandlungen durch eine strenge Geschäftsordnung,
womöglich nach gemeinsamen Grundsätzen, vorzubeugen.
Die meisten der kleinen Höfe, Berstett selbst gestand es späterhin,
fügten sich nur widerwillig, jedoch der Schein der Freiheit blieb gewahrt,
die Zustimmung ward durchweg ohne Vorbehalt gegeben, und nur Blitters-
dorff's argwöhnisches Auge konnte aus den etwas gewundenen Sätzen des
Votums der Ernestiner errathen, daß „der Wartburg-Geist“ in Weimar
noch spuke. Das verheißene definitive Preßgesetz wagte man nicht an-
zuregen, aus Furcht vor Unfrieden, und aus demselben Grunde trat auch
der neue Bundesausschuß für das Universitätswesen niemals ins Leben.
Der einzige Staat, welcher den bairisch-österreichischen Anträgen ein kleines
Bedenken anhing, war, seltsam genug, Baiern selbst. Sein Gesandter
willigte in die Verlängerung des Preßgesetzes mit den zweideutigen Worten:
die im Jahre 1819 beschlossenen Maßregeln gegen die Presse sollten in
allen deutschen Staaten „wie bisher“ gehandhabt werden. Baiern behielt
sich also seinen bisherigen Sonderbrauch stillschweigend vor. Vergeblich
hatte Metternich bis zuletzt versucht, diese Clausel zu beseitigen; endlich
drückte er ein Auge zu, da Baiern ohnehin schon fest genug an Oester-
reich gekettet war. Die Annahme der Karlsbader Beschlüsse war vor fünf
Jahren nur durch einen Gewaltstreich gelungen, ihre Erneuerung jetzt war
rechtlich unanfechtbar. Obwohl die vorgeschriebene förmliche Berathung
nicht stattfand, so wurden doch alle übrigen Vorschriften der Geschäfts-
ordnung eingehalten, und die verfassungsmäßige Einstimmigkeit kam zu
Stande. Der Beschluß über die Landtage bedeutete sehr wenig; denn
im Grunde stand es auch jetzt noch jedem Bundesstaate frei, die Schranken
der Redefreiheit nach seinem Belieben zu ziehen. Aber ihr wichtigstes Ziel
hatte die Hofburg erreicht, die Heilanstalt der Censur blieb den Deutschen
auf unbestimmte Zeit hinaus gesichert. Der König von Preußen sprach
dem österreichischen Staatskanzler in einem gnädigen Briefe seinen Dank
aus, und Metternich meinte befriedigt, nunmehr erst sei der Deutsche
Bund ganz in das System der großen Mächte verflochten.) Gentz aber
*) Blittersdorff's Berichte, 12., 16., 22., 27. Aug. 1824.