Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

344 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
Bevollmächtigte Musset, Marschall's würdiges Werkzeug, hinter dem Rücken 
der Collegen seinem Hofe einen geheimen Bericht, der im Verdächtigen und 
Verdrehen das Unmögliche leistete. Zum Antritt des Bonner Lehramts 
hatte einst Nicolovius seinem Freunde Arndt Gottes Kraft und Segen 
gewünscht, „damit die Jugend treu dem Recht und der Wahrheit huldige 
und Gottes auserwähltes Rüstzeug werde“. Auf Grund dieses Briefes 
schrieb der Nassauer schadenfroh: „Nicht alle hielten also das Treiben der 
Studenten für unbedeutend, wofür man es jetzt gern gehalten haben möchte; 
sondern es gab auch Männer, die da glaubten, die Jugend könne bei 
guter Lehre Gottes auserwähltes Rüstzeug werden!“ Ueber das Turnen 
bemerkte er ebenso scharfsinnig: „das Gefühl der körperlichen Kraft, das 
es verleiht, und der schnellere Umlauf des Blutes während der Uebungen 
erweckt natürlich das Verlangen nach einem Gegenstande des Ringens, 
und so bereitet das Turnen solchen Ideen eine vollkommene Aufnahme, 
deren Verwirklichung eine Anstrengung des Leibes und der Seele er- 
fordert."““) Umsonst versuchte der wackere preußische Präsident v. Kaisen- 
berg, ruhiger als seine eigene Regierung, die Mainzer Septemvirn einiger- 
maßen in den Schranken des Menschenverstandes zu halten. Seine maß- 
volle Haltung bewirkte nur, daß der Karlsruher Hof beharrlich über „die 
liberalisirende Tendenz“ der Mainzer klagte und Metternich in Berlin 
— diesmal ohne Erfolg — die diplomatische Anfrage stellte, ob nicht „die 
Kränklichkeit des gegenwärtigen k. preußischen Bevollmächtigten vielleicht 
eine Aenderung in der Person zur Folge haben werde ?“) 
Der Baier Hörmann wurde mit der Anfertigung des Hauptberichts 
beauftragt, und sein Machwerk fiel so ungeheuerlich aus, daß selbst 
Blittersdorff in Entsetzen gerieth. Wie hatte sich der Badener gefreut, als 
ihm der Bundestag (1826) den ehrenvollen Auftrag ertheilte, aus Hör- 
mann's Arbeit einen kurzen, eindringlichen Bericht für das Publikum aus- 
zuziehen: die Nation sollte erfahren, an welchem Abgrunde sie gestanden, 
vor welchen Feinden die Weisheit des Bundes sie gerettet hatte. Aber 
wie ward ihm zu Muthe, als er die Leistung des Septemvirats betrachtete! 
„In anderen Ländern — schrieb er ganz außer sich — würde man mit 
Fingern auf uns deuten, wenn wir nach einer so langen Reihe von 
Jahren dem Publikum aufs Neue solche alte Geschichte auftischen wollten. 
Läßt sich aus solchen Materialien irgend ein imposanter Bericht entwerfen? 
Wie ist dies vollends alsdann möglich, wenn man sich auf einer gewissen 
Höhe der Betrachtung halten soll?“ Und dann abermals, als er in den 
Geist der Mainzer Arbeit noch tiefer eingedrungen war: „In dem ganzen 
  
*) Musset, Bericht über die Arbeiten der Central-Untersuchungscommission, Mainz 
2. Sept. 1820. 
**) Berstett-Blittersdorff, Denkschrift über die C. U. Commission, 6. April; Blitters- 
dorff's Berichte, 6. Febr., 21. März; Metternich an Hatzfeldt, 24. Juni 1825.
	        
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