Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

452 III. 6. Preußische Zustände nach Hardenberg's Tod. 
die Verwaltung seiner geliebten Heimath in fremden Händen lag. Als 
nach fünf Jahren die Oberpräsidentenstelle wieder erledigt war, erbat und 
erlangte er vom Könige die Rückkehr in sein altes Amt.) — 
Als Merckel und Grolman in den Dienst zurückkehrten, W. Hum- 
boldt das Wohlwollen des Königs völlig wieder erlangte, war die schlimmste 
Zeit der Reaktion überstanden. Und zum Glück für Preußen starb jetzt 
auch Fürst Hatzfeldt (Febr. 1827). Der war bis zum letzten Athemzuge 
der alte rastlose Spürer geblieben. Ganz so dreist, wie er sich einst — 
von wegen seiner bergischen Besitzungen — als „Unterthan Sr. Majestät 
des Kaisers der Franzosen“ gebärdet hatte, spielte er jetzt den Handlanger 
Oesterreichs. Was für Gespenster die k. k. Polizei auch sehen mochte, 
Hatzfeldt glaubte ihr Alles, sogar einen von Gentz verfaßten Bericht, der 
die gefährlichsten politischen Schriftsteller Deutschlands — Börne und 
Gagern, List und Wessenberg, Zachariä und Pölitz freundnachbarlich neben- 
einander — aufzählte.“') Es kam so weit, daß Metternich sich einmal — 
das einzige mal in allen diesen Jahren — unterstand, den Gesandten 
wegen einer inneren Angelegenheit Preußens zur Rede zu stellen. Er 
hatte in einem Verzeichniß des preußischen Staatsraths gelesen, daß 
Gneisenau den Vorsitz in dem diplomatischen Ausschusse führe, und erklärte 
dem Gesandten, ein solches zweites Ministerium mache vertrauliche Mit- 
theilungen unmöglich. Hatzfeldt nahm die Anmaßung ohne Widerspruch 
hin und empfing zu seiner Beschämung aus Berlin die Antwort: jener 
Ausschuß bestehe bekanntermaßen schon seit 1817 und trete nur in außer- 
ordentlichen Fällen zur Berathung großer Fragen zusammen.“) Diesem 
Liebediener Oesterreichs die Vertretung Preußens am Wiener Hofe anzu- 
vertrauen, konnte Bernstorff nicht länger mehr verantworten. Er ertheilte 
im Frühjahr 1826 dem unheilvollen Manne einen unbestimmten Urlaub. 
Der alte Fürst aber weigerte sich geradezu, die Dienstpapiere seinem Stell- 
vertreter auszuliefern, da sein Briefwechsel mit Metternich nicht für die 
Augen Dritter bestimmt seift), und setzte bei Hofe durch, daß er noch ein- 
mal an die Donau zurückkehren durfte. Bald nachher machte sein Tod 
dem Scandal ein Ende, und seitdem zeigte Preußens Politik auch in ihrer 
äußeren Haltung wieder die Würde einer Großmacht. Die Demagogen- 
verfolgung schlief ein, die Gemüther begannen sich zu beruhigen. 
Den begnadigten Hochverräthern wurden ihre Sünden nicht nach- 
getragen; man spottete sogar in den Beamtenkreisen, Niemand könne so 
sicher auf eine glänzende Carriere rechnen wie die bekehrten Demagogen. 
Indeß empfand der König keineswegs Reue wegen des Geschehenen; er 
  
*) Merckel an Lottum, 18. Aug.; Lottum's Antwort, 4. Sept. 1825. 
*") Hatzfeldt's Bericht, 17. März 1825, mit Beilage: Gentz's Uebersicht der deutschen 
Schriftsteller u. s. w. 
* ve) Witzleben's Tagebuch, 21. Dec. 1825. 
) Maltzahn's Bericht, Wien 15. Mai 1826.
	        
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