Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Georg III. und IV. 543 
seiner ersten Thronrede erklärte, und sprach immer nur mangelhaft deutsch. 
Nach altem Hausbrauch ließ er dem Stammlande, insonderheit dem Adel 
und den Beamten, reiche Geschenke zufließen; doch bei jedem Streite der 
Interessen entschied er für England. Niemals wollte er gestatten, daß Kur— 
hannover das britische Parlament an die Zahlung der rückständigen Sub— 
sidien mahnte. Da er indessen seine hannoverschen Geheimen Räthe in 
ihrem Stillleben wenig störte, so erfuhr er an unzähligen Beweisen der 
Treue, wie viel Liebe das deutsche Gemüth zu verschwenden vermag. Seine 
Deutschen verehrten ihn zärtlich, weil er der König hieß und weil die 
kleinbürgerliche Ehrbarkeit seines häuslichen Lebens ihre Herzen gewann. 
Als er starb, fiel in England manches scharfe Wort über die erschreckende 
Nichtigkeit dieses langen Lebens. Lord Byron schrieb seine von Geist und 
Bosheit überschäumende Satire „die Vision des Gerichts“ und ließ den 
heiligen Petrus an der Himmelsthüre sprechen: 
Den Welfen einzulassen soll mein Amt sein? 
Eh' ich das thue will ich selbst verdammt sein. 
In dem deutschen Welfenlande herrschte tiefe Trauer. 
Dieselbe urtheilslose Verehrung ward auch dem Prinzregenten und 
Könige Georg IV. entgegengebracht, obgleich der Sohn sich um sein deutsches 
Land sogar noch weniger bekümmerte als der Vater. Wie weit zurück schien 
schon die Zeit zu liegen, da dieser Prinz einst mit dem Beau Brummell 
im Erfinden neuer Pommaden, Kravatten, Schuhschnallen gewetteifert und 
um den Namen des ersten Gentleman von Europa gerungen hatte. Jetzt 
war der Abgott der Mode nur noch ein früh gealterter Wüstling und 
Trunkenbold, einer der leersten Menschen, welche jemals einen Thron 
geschändet haben. Selbst die einzige unbestrittene Tugend seines Hauses, 
die Tapferkeit, hatte der Weichling nie bewährt, und nur wenn er über 
seine eigene Gebrechlichkeit frivole Witze riß, zeigte sich auf Augenblicke 
noch ein matter Abglanz der entschwundenen Lebenskraft. Als Prinz von 
Wales hatte er nach der Gewohnheit der Thronfolger den Oppositions- 
führer gespielt, mit Fox und Sheridan, dem tollen Sherry, sich in Freiheits- 
reden überboten. Seit er die Regentschaft führte, war er längst ein steifer 
Tory geworden, ein warmer Bewunderer Metternich's; wo ihm aber ein 
starker Wille entgegentrat, wagte er niemals Farbe zu bekennen, so daß 
er, in die Zügel knirschend, selbst den verhaßten Canning ertragen mußte. 
Für sein Stammland meinte er genug gethan zu haben, als er ihm die 
Königskrone verschafft und den Guelphen-Orden gestiftet hatte, eine Aus- 
zeichnung, die in England massenhaft vertheilt, dort ebenso allgemein ver- 
spottet wie in Hannover begehrt wurde. 
Die langweiligen Regierungsgeschäfte überließ er dem diplomatischen 
Schöpfer des neuen Königreichs, dem Grafen Münster, der fortan als 
deutscher Cabinetsminister in London lebte. Auf Münster's Rath wurde 
die Würde des Generalgouverneurs nicht dem halsstarrigen Herzog von
	        
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