Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Hannovers Widersetzlichkeit. 315 
und der Bund konnte sie leicht erfüllen; auf dem Papiere mindestens 
besaß er ja noch andere Truppen, die den reizbaren Franzosen minder 
verdächtig erschienen als die Preußen. Die Exekution wurde also dem 
zehnten und einem Teile des neunten Bundesarmeekorps unter der 
Führung Hannovers übertragen. Die hannöversche Regierung zeigte sich 
jedoch wenig dankbar für solche Auszeichnung; sie erhob vielmehr lebhafte 
Beschwerden über die unerschwingliche Last und verlangte endlich einen 
Vorschuß von 2—300 000 Tlr., der nach Bundesbrauch unmöglich vor 
einem halben Jahre gezahlt werden konnte. Was war der Grund dieses 
auffälligen Verhaltens? Geiz gehörte doch sonst nicht zu den Fehlern des 
hannöverschen Adelsregiments, das immer stattlich und vornehm auf- 
zutreten liebte. Unzweifelhaft besorgte Hannover die Geschäfte Lord Palmer- 
stons. Beide Westmächte wünschten, aus zärtlicher Rücksicht für ihren 
belgischen Schützling, die Einmischung des Bundes womöglich zu hinter- 
treiben, und da sie die Rechtmäßigkeit der Bundesexekution schlechterdings 
nicht bestreiten konnten, so trieben sie ihr Spiel verdeckt. Während Alleye 
den einzelnen Bundesgesandten vertraulich eine neue französische Denk- 
schrift zeigte, welche nochmals dringend vor den Gefahren der Überstürzung 
warnte,') warf England-Hannover die Fackel der Zwietracht in den Bundes- 
tag selber. Der hannöversche Gesandte steigerte seine Geldforderungen; 
er verlangte sogar, der Befehl zum Ausmarsch der Exekutionstruppen dürfe 
nicht eher erteilt werden, als bis alle beteiligten Staaten gehört und 
die Geldfragen erledigt seien. 
Holstein und mehrere andere der kleinen nordischen Kontingentsherren 
beeilten sich dem löblichen Beispiel Hannovers zu folgen und forderten 
ebenfalls Sicherheit wegen der Kosten. Auf das schärfste trat Nagler, 
von dem bayrischen Gesandten wacker unterstützt, diesem Treiben entgegen, 
das dem offenen Bundesverrate nahe kam. Der Zank ward unerträglich, 
die schlimmsten Zeiten des Regensburger Reichstags kehrten wieder.) 
Friedrich von Gagern, der im März mit Aufträgen der holländischen 
Regierung in Frankfurt eintraf, sagte schon damals scharfblickend voraus: 
der Bund werde sicherlich gar nichts tun, es fehle durchaus an ernstem 
Willen. In der Tat ging das Jahr 1831 über dem unwürdigen Geld- 
gezänk dahin, ohne daß ein Mann der Bundesexekutionstruppen sich in 
Marsch setzte. Und mittlerweile ward durch die Londoner Konferenz schon 
dafür gesorgt, daß die ganze Bundesexekution überflüssig schien, wie es 
der Bundestag von Haus aus so inbrünstig wünschte. 
Der preußische Hof tat für die Sicherheit der Festung Luxemburg 
weit mehr als seine Bundespflicht erheischte; er bemühte sich in Frankfurt 
redlich, den hadernden Bundesgenossen einen Entschluß abzuringen, er 
  
*) Alleye, Annotations über Luxemburg, März 1831. 
*v) Naglers Berichte, 26. April, 2., 10., 23. Juli, 10. Nov. 1831.
	        
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