Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

336 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
Der europäischen Politik der beiden Kaisermächte widerstand der 
Berliner Hof zähe und nachhaltig, aber im Kampfe gegen die deutsche 
Revolution fand er sich mit der Hofburg wieder zusammen. Der Frank- 
furter Wachensturm und was nachher noch von den Plänen der Radi- 
kalen entdeckt wurde, schlug die Höfe mit Schrecken. König Wilhelm von 
Württemberg meinte den Boden unter seinen Füßen versinken zu sehen, 
als die Ludwigsburger Soldatenverschwörung an den Tag kam; auf die 
Treue seiner Truppen hatte er sich immer so fest verlassen. In der ersten 
Angst befürchtete er einen allgemeinen süddeutschen Aufruhr und wendete sich 
nach Wien um Hilfe. Darauf, im Mai 1833, überbrachte Fürst Lichnowsky 
den Höfen von Stuttgart und Karlsruhe die vertrauliche Mitteilung, daß 
man ein österreichisches Korps an der Westgrenze bereit stellen werde, um im 
Notfall die Ruhe des deutschen Südens zu schützen.“) Aber auch nur 
im äußersten Notfall. Metternich hoffte mit sanfteren Mitteln auszureichen 
und sendete dem Könige zunächst eine lehrhafte Denkschrift, die schon auf 
die Möglichkeit „einer heilsamen Reform“ der Landesverfassungen hin- 
deutete und sich sogar zu einer neuen Metapher aufschwang: da die Pest 
und der Krebs allmählich verbraucht waren, so verglich der besorgte poli- 
tische Arzt diesmal die Revolution mit der Influenza. 
An den Höfen erfuhr man bald, daß der Staatskanzler einen neuen 
großen Schlag in der Bundespolitik vorbereitete. Als er sich im Juli nach 
seinem Schlosse Königswart begeben hatte, sprach eine stattliche Schar 
strebsamer Diplomaten bei ihm vor; die einen wollten horchen, andere unter- 
breiteten dem Minister ihre Vorschläge zur Rettung Deutschlands. Unter 
diesen Gästen war auch Blittersdorff, der in einer Denkschrift darstellte, 
wie der Bundestag fortan in dem Kampfe gegen „das konstitutionelle 
Prinzip“ die Führung übernehmen, überall, auch in der europäischen 
Politik tätiger auftreten und folglich, damit die Nation ihre Zentralgewalt 
verstehe, seine Verhandlungen zum Teil veröffentlichen müsse. Der Oster- 
reicher aber wußte nur zu wohl, was die Frankfurter Versammlung leisten 
konnte; er hoffte gerade durch Umgehung des Bundestags sein Ziel zu 
erreichen, und empfahl daher, als er im August zu Teplitz mit Ancillon 
zusammentraf, die Berufung einer neuen Ministerkonferenz, nach dem 
Karlsbader und Wiener Vorbilde. Der preußische Minister ging auf diesen 
Vorschlag, den sein Vorgänger vor zwei Jahren so entschieden abgewiesen, 
jetzt mit Freuden ein, denn die Torheiten der Radikalen in Hambach und 
Frankfurt hatten auch ihn tief erschreckt; doch hielt er fest an dem Grund- 
satze Bernstorffs, daß man neuer Bundesgesetze nicht bedürfe, sondern nur 
über die kräftige Handhabung der bestehenden Gesetze sich verabreden müsse. 
Die beiden Staatsmänner entwarfen dann selbander ein Rundschreiben 
an die deutschen Höfe, das von Ancillon sofort, schon am 24. Aug., von 
  
*) Berichte von Maltzahn, 28. April, 28. Mai, von Salviati, 13., 22. Juni 1833.
	        
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