Abschluß mit Bayern und Württemberg. 371
nehmigte der Landtag den Vertrag nach harten Kämpfen. Nur einzelne
waren überzeugt durch die treffliche Denkschrift über Badens Beitritt,
welche Nebenius in der elften Stunde veröffentlicht hatte, um die Schwaben
zu gewinnen. Die Mehrzahl gab ihr Ja nur aus gedankenlosem Ge—
horsam; die Führer der Liberalen, Pfizer, Uhland, Römer, stimmten da—
wider. Es war ein vollständiger Triumph des geschäftskundigen Beamten—
tums über den schwärmenden Liberalismus.
Neue unerquickliche Händel folgten, da nun das preußische Zollwesen
durch eine gemeinsame Vollziehungskommission im Süden eingeführt wwurde.
Wie oft mußte der preußische Kommissär L. Kühne von den gemütlichen
bayrischen Beamten bittere Klagen hören über diese verwünschte Berliner
Strammheit; er bestand darauf, daß in den Grenzbezirken, wo offenkun-
diger Schmuggel blühte, drei Monate lang eine strenge Binnenkontrolle
gründlich aufräumte. Die unfreie soziale Gesetzgebung der Mittelstaaten
fand so leicht nicht den Übergang zur preußischen Freiheit. Das erste
Jahr des neuen Zollvereins (1834) brachte dem bayrischen Volke ein
neues, höchst unverständiges Gewerbegesetz, das die „Inländer“ kleinlich
begünstigte. Als der preußische Gesandte Einspruch erhob und an die im
Vertrage zugesagten „gleichförmigen Grundsätze“ der Gewerbspolizei er-
innerte, verbat sich der Münchener Hof ärgerlich die preußische Einmischung.
Doch der wesentliche Inhalt des Vertrags wurde redlich ausgeführt. Seit
in München ein neuer Zolldirektor, der verdiente Knorr, ernannt war,
arbeitete die Zollverwaltung fest und pünktlich. Jeder neue Tag der Er-
fahrung erwarb dem Zollvereine neue Anhänger im Süden; die besseren
Köpfe des Liberalismus gestanden beschämt ihren Irrtum. Ein befrem-
dender unnatürlicher Anblick: dies Doppelleben unseres Volkes unter dem
Deutschen Bunde! Der Bundestag ein Spott der Welt, eine Schande
des Vaterlandes; und dieselben Regierungen, die ihn halten, arbeiten
zugleich an der Einigung der Nation. Wenige Tage nach jenem Berliner
Märzvertrage stürmte die erhitzte Jugend die Frankfurter Wachen; die Idee
der deutschen Einheit erhob sich gegen die Höfe, welche soeben eine der
folgenreichsten Taten unserer nationalen Politik vollzogen hatten. —
Gleichzeitig mit Bayern und Württemberg unterhandelte Sachsen in
Berlin. Es geschah, wie Motz vorhergesehen: keine der Zollvereinsver-
handlungen hat den preußischen Staatsmännern schwerere Überwindung
gekostet. Gewiß trat mit Sachsens Beitritt nur die Natur der Dinge in
ihr Recht. Das Erzgebirge erhielt wieder ungehemmten Verkehr mit seiner
alten Kornkammer, den Muldenniederungen in der Provinz Sachsen,
Leipzig wieder freie Verfügung über seine wichtigsten Handelsstraßen;
Macht und Bedeutung des Zollvereins stiegen erheblich, sobald eines der
ersten Fabrikländer und der größte Meßplatz Europas hinzutrat. Gleich-
24%