Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Besorgnisse des Auslandes. 381 
menden Willen aller beteiligten Souveräne.“) So ängstlich vermied der 
Berliner Hof jeden Schein der Hegemonie; der Handelsbund war noch 
im Werden und Wachsen, man wollte den Widerstand Osterreichs und 
des Auslandes nicht noch mehr herausfordern. 
Auch England suchte durch Handelsverträge mit den Kleinstaaten das 
nationale Werk zu stören. Der Gesandte in Berlin, Lord Minto, haßte 
die beiden großen Bundesmächte mit dem Ingrimm des Radikalen, und 
wie er den Beschlüssen des Bundestags laut und rücksichtslos entgegentrat, 
so hielt er auch für Pflicht, die Kleinstaaten vor dem preußischen Joche 
zu bewahren. Im Parlamente redete schamlos jene britische Handelsmoral, 
welche mit der Bibel in der rechten, der Opiumpfeife in der linken Hand 
die Güter der Gesittung über den Erdball verbreitet. „Ihr habt nicht 
das Recht“ — rief man dort den preußischen Staatsmännern zu — „mit 
anderen deutschen Staaten Verträge zu schließen, die dem englischen Handel 
zum Nachteil gereichen!“ Indes war England mit seinem hohen Zoll— 
tarife ebensowenig wie Frankreich imstande, den Deutschen lockende 
Vorteile zu bieten, und seit der für die britischen Kaufleute so vorteil— 
haften Rheinschiffahrtsakte begann seine Teilnahme an unserem handels— 
politischen Streite langsam zu erkalten. Der Gewandtheit des Gesandten 
Bülow wäre es vielleicht gelungen, die Besorgnisse der britischen Staats— 
männer etwas zu beschwichtigen, wenn nicht der Preußenhaß der welfischen 
Staatsmänner in Hannover den Handelsneid Englands von neuem auf— 
gestachelt hätte. 
In welchem Lichte der preußische Handelsbund der österreichischen 
Partei des Bundestags erschien, das erhellt aus einigen Briefen Blitters— 
dorffs. Im März 1833, als die Wage noch schwankte, schrieb er höh— 
nisch: „es wird sich doch zeigen, ob man die preußischen Finanzen dem 
politischen Systeme des Herrn Eichhorn opfern wird.“ Nach der Ent— 
scheidung bereiste er Mitteldeutschland, sprach mit vielen sächsischen und 
thüringischen Staatsmännern und berichtete traurig: „Die Zollvereinigung 
gibt dem Bundessysteme gleichsam den Gnadenstoß.“ Den gegenseitigen 
Schutz, welchen die kleinen Staaten bisher durch den Bund empfingen, 
erhalten sie jetzt durch den Zollverein; auch in anderen politischen Fragen 
werden sie sich auf Preußen stützen müssen. Alle mitteldeutschen Staats- 
männer, die ich sprach, gestanden: „Wir konnten nicht anders. Öster- 
reich hat sich uns versagt. Preußen war ebenso willfährig als beharrlich, 
hat durch das Zugeständnis des gleichen Stimmrechts alle Bedenken ent- 
waffnet.“ Nun bleibt nur übrig, fährt er schmerzlich fort, daß Osterreich 
auch in den Zollverein träte. Doch das wird wohl unmöglich sein; denn 
in dieser Sache kann der wohlgesinnte Ancillon nichts ausrichten gegen 
*) Bussieres an du Thil, 21. Jan. Eichhorn, Weisung an die Gesandtschaft in 
Darmstadt, 7. Febr. 1834.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.