Die Düsseldorfer Maler. Franz Krüger. 459
schen erschien. Erst auf weiten Umwegen gelangte auch der Schlesier Karl
Lessing zur historischen Kunst, ein frühreifer, ernster, streng gewissenhafter
Künstler, der von dem mannhaften Freimut seines Großoheims, des
Dichters, viel geerbt hatte. Sein Bild von dem trauernden Königspaare,
das schon weit mehr war als eine gemalte Illustration und den Vergleich
mit Uhlands Ballade nicht zu scheuen brauchte, verschaffte ihm zuerst einen
Namen; Chamisso sang entzückt:
Ich küsse dir die Hand, der Greis dem Knaben!
Unbeirrt durch den Beifall, bildete er sich rastlos weiter aus, zunächst als
Landschafter. Italien und die Alpen besuchte er niemals, weil er seine
Phantasie nicht verwirren und sich die Liebe zu seinen deutschen Mittel—
gebirgen nicht verderben wollte. Diese kannte er aus dem Grunde, nament—
lich den schwermütigen Zauber der öden vulkanischen Eifellandschaften, die
er durch historische Staffagen zu beleben liebte. Nun erst eröffnete er mit
der Hussitenpredigt die Reihe seiner historischen Gemälde, die allesamt
bedeutende, dem Gefühle der Gegenwart verständliche Kämpfe behandelten
und von den rheinischen Klerikalen, ganz mit Unrecht, als protestantische
Tendenzbilder verrufen wurden.
Es war das Verdienst dieses kräftigen und wahrhaftigen Mannes, daß
die Düsseldorfer Schule nicht in der Kleinmalerei verkam. Auch der Humor
fehlte nicht, der dem gefühlsseligen Wesen die Wage hielt. Der Märker
Adolf Schrödter verhöhnte die weinerlichen Romantiker in dem Bilde der
trauernden Lohgerber, er schuf die Typen des Falstaff und des Don Quijote,
wie sie sich seitdem in der deutschen Kunst erhalten haben, und in dem
Triumphzuge des Weines faßte er alle die tollen Schwänke zusammen, die
sich die jungen Künstler zum besten gaben, wenn sie auf ihren rheinischen
Studienreisen abends im Goldenen Pfropfenzieher zu Oberwesel beim
feurigen Engehöller beisammensaßen. Nach wenigen Jahren zeigte sich aber
schon ein Zwiespalt in dem glücklichen Künstlerkreise. Schadow war in Rom
zur katholischen Kirche übergetreten und begünstigte mehr und mehr ein
neues Nazarenertum, das technisch geschickter, aber noch geistloser war als
das alte. Mit diesen süßlichen Madonnenbildern konnte sich der Protestant
Lessing unmöglich befreunden; die Zeit nahte heran, da der moderne Rea-
lismus sich von den Epigonen der Romantik offen lossagen mußte.
Solche Parteikämpfe waren für das kindliche Gemüt des Westpreußen
Eduard Meyerheim kaum vorhanden. Der lebte in Berlin ganz seiner
Staffelei und der Musik, wanderte im Sommer in die Berge, nach Thü-
ringen oder auf den Harz, und suchte sich dort unter Kleinbürgern und
Bauern seine Stoffe. Zarter und weicher als wir heute empfinden, aber frei
von falscher Gefühlsseligkeit schilderte er die Anmut des Herzens, welche das
schlichte Volksleben verklärt; seine anheimelnden Bilder wurden den Be-
suchern der Ausstellungen bald so unentbehrlich wie die Dorfgeschichten den
Lesern. Franz Krüger dagegen bewegte sich ganz auf den Höhen der Ge-