Sammlungen für die Sieben. 663
der Griechen und der Polen freiwillig gesteuert. In Leipzig entstand der
Göttinger Verein, der sich bald über ganz Deutschland verzweigte und den
Sieben bis zu ihrer Wiederanstellung ihren alten Gehalt zahlte. Einige
der unternehmenden Bürger, welche die erste Eisenbahn bauten, Gustav
Harkort und Dufour standen an der Spitze, dazu die Besitzer der Weid-
mannschen Buchhandlung Karl Reimer und der junge Schweizer Salomon
Hirzel; in Berlin übernahm Gans die Leitung, in Baden Rotteck, in
Königsberg der radikale Jacoby, in Jena der streng kirchlich gesinnte Buch-
händler Frommann, in Marburg sein Gesinnungsgenosse V. A. Huber. Alle
guten Kräfte des Bürgertums fanden sich zusammen.
In der amtlichen Welt waren die Meinungen geteilt. Die Taten
des Welfen in Schutz zu nehmen, wagte fast niemand; nur da und dort
jubelte ein übermütiger Junker, wie der Prinz von Noer, das sei brav,
daß man die Kerls fortgejagt habe. Aber nach den Anschauungen des
alten Beamtenstandes erschien das kühne Auftreten einfacher Professoren, die
kein obrigkeitliches Amt bekleideten, als eine gefährliche Anmaßung. Selbst
Canitz, der das Treiben am hannöverschen Hofe mit wachsender Sorge be-
trachtete und mit seinen Landsleuten, den Brüdern Grimm auf freund-
lichem Fuße stand, meinte doch ängstlich: die Sieben hätten still ihren Ab-
schied fordern sollen, ohne die Gewissen anderer zu verwirren.) Diesen
Kleinmut der Regierungen verstand der Welfe sehr geschickt auszubeuten;
er wußte aus seiner parlamentarischen Erfahrung, wie viel die Frechheit
über die Menschen vermag. Seine Gesandten traten mit einer Zuversicht
auf, als ob sich Hannover durch seinen Staatsstreich besondere Ansprüche
auf Dank und Dienst aller Kronen erworben hätte. Als Beselers Schrift
erschienen war, sendete Ernst August den Prinzen Solms nach Schwerin,
um die Bestrafung des Verfassers zu verlangen; der gutherzige Groß-
herzog Paul Friedrich ordnete auch eine Untersuchung an, er berief aber
in die Kommission drei verständige Männer, die natürlich erklärten, daß
keine strafwürdige Handlung vorliege. Sobald er hörte, daß einige der
Sieben in Leipzig Vorlesungen halten wollten, verbot Ernst August seinen
Untertanen sofort den Besuch der Leipziger Universität, worauf sich denn
herausstellte, daß nur ein einziger Hannoveraner an der Pleiße studierte.
Wo immer ein Buch zu Gunsten der Sieben oder des Staatsgrund-
gesetzes erschien, erhoben die welfischen Diplomaten alsbald Beschwerde;
der Gesandte General von Berger in Berlin, ein alter Herr, der sich sogar
unter ihnen durch Beschränktheit auszeichnete, fand es immer wieder un-
begreiflich, wie die Zensur solchen Produkten „das Ultimatum erteilen
könne“!**)
Ganz ohne Erfolg blieben diese Einschüchterungsversuche nicht; Dahl—
mann und Jakob Grimm mußten ihre Rechtfertigungsschriften, zur Schande
*) Canitz' Bericht, 27. Nov. 1837.
**) Bergers Bericht, 29. Sept. 1838.