Federkrieg der Sieben. 665
ten die Sieben auch von Bayern und Baden wenig erwarten, seit dort die
klerikale Luft wehte. Der gütige König Friedrich August von Sachsen
dagegen und seine Minister wünschten lebhaft, die zurzeit etwas erstarrte
Landesuniversität durch eine großartige Verstärkung der Lehrkräfte zu heben
— wenn sie sich nur nicht vor der Grobheit des Welfen, vor dem Un—
willen der Hofburg gar so sehr gefürchtet hätten. Wie viele diplomatische
Widerwärtigkeiten hatte Minister Lindenau noch vor drei Jahren ertragen
müssen, als ihm die Zeitungen eine halb erfundene radikale Äußerung in
den Mund gelegt hatten.“) Solche Erfahrungen genügten, um den ab—
hängigen kleinen Hof behutsam zu stimmen. Man sagte den Sieben in
Dresden freundliche, unzweifelhaft ehrlich gemeinte Worte, allein man
wagte nichts, und zornig schrieb Dahlmann in der Vorrede zu Albrechts
Verteidigungsschrift: „Solange es bei uns nicht in politischen Dingen,
wie seit dem Religionsfrieden gottlob in den kirchlichen, ein lebendiges
Nebeneinander der Glaubensbekenntnisse gibt, [solange die das beste Ge—
wissen haben könnten, sich gebärden, als ob sie das schlechteste hätten, so—
lange der feigherzigste Vorwand genügt, um nur alles abzuweisen, was an
dem trägen Polster der Ruhe rütteln könnte,] ebensolange gibt es keinen
Boden in Deutschland, auf dem einer aufrecht stehend die reifen Früchte
politischer Bildung pflücken könnte.“ Die eingeklammerten Worte strich
ihm der Leipziger Zensor, Professor Bülau, ein geistloser Vielschreiber, der
den Sieben nicht an die Schultern heranreichte und ihnen nun wie Schul-
buben das Konzept korrigierte. Zu solchem Aberwitz führte das Karlsbader
Preßgesetz.
Nach langen Erwägungen erhielt Albrecht in der Stille die Erlaub-
nis, an der Leipziger Universität Vorlesungen zu halten; nachher empfing
er auch Gehalt, als geheimer Professor, wie die Kollegen spotteten, und
erst nach längerer Zeit, als die Luft wieder rein war, wurde er förmlich
angestellt. Dahlmann freilich schien den Kursachsen zu gefährlich; der
politische Führer der Sieben lebte fortan mehrere Jahre lang ohne Amt
in Jena und leitete von dort aus unverdrossen den Federkrieg wider die
hannöverschen Gewalthaber. Unter allen deutschen Fürsten wagte allein
König Wilhelm von Württemberg dem Welfen offen entgegenzutreten. Er
berief Ewald nach Tübingen, der als der einzige geborene Hannoveraner
unter den Sieben dem welfischen Hofe besonders verhaßt war. Natürlich
verbot Ernst August seinen Landeskindern sofort den Besuch der schwäbischen
Hochschule. Als die beiden Könige nachher in Berlin zusammentrafen,
fragte der Welfe grob: Warum haben Sie einen Professor angestellt, den
ich fortgejagt habe? Darauf der Württemberger: „Ebendeswegen!“)
Der welfische Staatsstreich rüttelte die halb entschlummerte öffentliche
*) Schreiben des k. sächs. Min. d. a. A. an den Gesandten v. Uechtritz in Wien,
3. Nov. 1834 usw.
*“) Wangenheim an Hartmann, 13. April 1839.