Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Federkrieg der Sieben. 665 
ten die Sieben auch von Bayern und Baden wenig erwarten, seit dort die 
klerikale Luft wehte. Der gütige König Friedrich August von Sachsen 
dagegen und seine Minister wünschten lebhaft, die zurzeit etwas erstarrte 
Landesuniversität durch eine großartige Verstärkung der Lehrkräfte zu heben 
— wenn sie sich nur nicht vor der Grobheit des Welfen, vor dem Un— 
willen der Hofburg gar so sehr gefürchtet hätten. Wie viele diplomatische 
Widerwärtigkeiten hatte Minister Lindenau noch vor drei Jahren ertragen 
müssen, als ihm die Zeitungen eine halb erfundene radikale Äußerung in 
den Mund gelegt hatten.“) Solche Erfahrungen genügten, um den ab— 
hängigen kleinen Hof behutsam zu stimmen. Man sagte den Sieben in 
Dresden freundliche, unzweifelhaft ehrlich gemeinte Worte, allein man 
wagte nichts, und zornig schrieb Dahlmann in der Vorrede zu Albrechts 
Verteidigungsschrift: „Solange es bei uns nicht in politischen Dingen, 
wie seit dem Religionsfrieden gottlob in den kirchlichen, ein lebendiges 
Nebeneinander der Glaubensbekenntnisse gibt, [solange die das beste Ge— 
wissen haben könnten, sich gebärden, als ob sie das schlechteste hätten, so— 
lange der feigherzigste Vorwand genügt, um nur alles abzuweisen, was an 
dem trägen Polster der Ruhe rütteln könnte,] ebensolange gibt es keinen 
Boden in Deutschland, auf dem einer aufrecht stehend die reifen Früchte 
politischer Bildung pflücken könnte.“ Die eingeklammerten Worte strich 
ihm der Leipziger Zensor, Professor Bülau, ein geistloser Vielschreiber, der 
den Sieben nicht an die Schultern heranreichte und ihnen nun wie Schul- 
buben das Konzept korrigierte. Zu solchem Aberwitz führte das Karlsbader 
Preßgesetz. 
Nach langen Erwägungen erhielt Albrecht in der Stille die Erlaub- 
nis, an der Leipziger Universität Vorlesungen zu halten; nachher empfing 
er auch Gehalt, als geheimer Professor, wie die Kollegen spotteten, und 
erst nach längerer Zeit, als die Luft wieder rein war, wurde er förmlich 
angestellt. Dahlmann freilich schien den Kursachsen zu gefährlich; der 
politische Führer der Sieben lebte fortan mehrere Jahre lang ohne Amt 
in Jena und leitete von dort aus unverdrossen den Federkrieg wider die 
hannöverschen Gewalthaber. Unter allen deutschen Fürsten wagte allein 
König Wilhelm von Württemberg dem Welfen offen entgegenzutreten. Er 
berief Ewald nach Tübingen, der als der einzige geborene Hannoveraner 
unter den Sieben dem welfischen Hofe besonders verhaßt war. Natürlich 
verbot Ernst August seinen Landeskindern sofort den Besuch der schwäbischen 
Hochschule. Als die beiden Könige nachher in Berlin zusammentrafen, 
fragte der Welfe grob: Warum haben Sie einen Professor angestellt, den 
ich fortgejagt habe? Darauf der Württemberger: „Ebendeswegen!“) 
Der welfische Staatsstreich rüttelte die halb entschlummerte öffentliche 
*) Schreiben des k. sächs. Min. d. a. A. an den Gesandten v. Uechtritz in Wien, 
3. Nov. 1834 usw. 
*“) Wangenheim an Hartmann, 13. April 1839. 
 
	        
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