Stüve und die Opposition. 671
lichen Gegenvorstellungen, den neuen Huldigungsrevers eingereicht, doch
zugleich vor Notar und Zeugen gegen die Aufhebung des Staatsgrund—
gesetzes protestiert, und da die Regierung immer neue Vorwände ersann,
um ihn vom Landtage auszuschließen, so bewog er seine Stadt, sich klagend
an den Bund zu wenden. Andere Städte und Wahlkorporationen folgten
dem Beispiele Osnabrücks. In seiner von Dahlmann herausgegebenen
„Verteidigung des Staatsgrundgesetzes“ wies Stüve überzeugend nach,
daß diese verleumdete Verfassung in Wahrheit die Rechte der Regierung
befestigt, die Macht der Krone verstärkt habe. In dem Hannöverschen
Portfolio sammelte er, unterstützt von dem Rechtsanwalt Detmold, alle
die Aktenstücke, welche die Nation über die Rechtsfrage aufklären konnten.
Auch das Leipziger Deutsche Staatsarchiv wurde von ihm und seinen
Freunden mit Beiträgen versorgt, und der neue „Deutsche Curier“ in
Stuttgart widmete fast die Hälfte seiner Spalten der hannöverschen Sache.
Diese liberale Wochenschrift erfreute sich, da sie über Schwaben wenig
sagte, der besonderen Nachsicht der württembergischen Zensur; daß ihr ge—
wandter Herausgeber A. Weil wahrscheinlich auch aus den geheimen Fonds
der französischen Regierung unterstützt wurde, blieb den Hannoveranern
unbekannt.
Da die Zeit der verfassungsmäßigen Steuerverwilligung zu Neu—
jahr 1839 ablief, so richtete Stüve an mehrere juristische Fakultäten die
Anfrage, ob der Osnabrücker Magistrat dann noch berechtigt sei, die un-
bewilligten Staatssteuern zu erheben. Die Berliner Fakultät verweigerte
die Antwort, weil den preußischen Spruchkollegien untersagt war, sich mit
politischen Fragen zu befassen. Aus Jena aber, aus Heidelberg und
Tübingen liefen umfassende Rechtsgutachten ein, welche sich übereinstimmend
dahin aussprachen, daß die Verfassung von 1833 noch zu Recht bestehe.
Das von dem jungen Germanisten Reyscher verfaßte Tübinger Gutachten
erörterte sehr ausführlich die Frage der Steuerverweigerung und sagte
manches treffende Wort; im Grunde blieb es doch ein unmögliches Unter-
nehmen, mit doktrinären Rechtsgründen nachzuweisen, was Rechtens sei, wenn
das Recht aufhörte. Also standen die verhaßten Professoren abermals in
Waffen wider die Welfen, und ganz Deutschland stimmte ihrer Beweis-
führung zu. Selbst mit seiner Hauptstadt geriet Ernst August in Händel.
Sie verweigerte die Neuwahl, als ihr Abgeordneter aus dem Landtage
ausgeschieden war, und sendete einen Protest an den Bundestag. Darauf
ließ der König den Bürgermeister Rumann absetzen und eine Untersuchung
gegen den Magistrat einleiten, der an Stüve einen schlagfertigen Ver-
teidiger fand. Ein Amtmann wurde, dem Gesetze zuwider, an die Spitze
der Stadtverwaltung gestellt. Die Bürger aber drohten den Eindringling
zum Fenster hinauszuwerfen und zogen an einem schwülen Julitage 1839
in hellen Haufen vor das Schloß; sobald der alte Welfe sah, daß mit den
verzweifelten Leuten nicht zu scherzen sei, gab er weislich nach, betraute