Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Letzte Entscheidung des Bundestags. 681 
Erklärungen.“) Darauf verlangte der Welfe auch noch, daß die Rechts- 
gutachten der drei Fakultäten von Bundes wegen verboten würden; die 
Mehrheit stimmte zu, doch abermals erhob Bayern Einspruch, und das 
Ende war, daß die verbotene Schrift fast überall in Deutschland frei um— 
laufen konnte. Geflissentlich gab sich der hannöversche Hof den Anschein, 
als ob er mit dem preußischen in einer engen Freundschaft lebte, welche 
in Wirklichkeit nicht bestand. Nach dem Abschluß eines Handelsvertrages 
zwischen den beiden Nachbarstaaten verlangte Ernst August für seinen 
Minister Schele ausdrücklich einen preußischen Orden, was als Gegen— 
leistung nicht abgeschlagen werden konnte, und er erlebte die Genugtuung, 
daß die kleinmeisterliche Presse diese Auszeichnung fast ebenso leidenschaftlich 
besprach wie vormals den berühmten roten Adlerorden des Professors 
Schmalz. Noch viele Monate hindurch währte der hoffnungslose Streit; 
immer wieder überreichte der unermüdliche Dr. Hessenberg Beschwerde— 
schriften hannöverscher Städte, und es hielt schwer, die hadernden Parteien 
des Bundestags zusammenzuhalten.) 
In Wahrheit ging der hannöversche Verfassungsstreit schon zu Ende. 
Ohne die Hilfe des Bundes — das hatte Stüve längst vorausgesehen — 
konnte die schwache, weithin zerstreute Oppositionspartei nicht mehr auf 
Erfolge zählen. Das Volk war der Händel müde. Die Regierung be- 
nutzte jedes Mittel, um wieder eine vollzählige Kammer zustande zu 
bringen; sie scheute sich nicht, sogar die Wahlen der Minderheit der Kor- 
porationen für gültig zu erklären, so daß selbst der Landtagsmarschall Graf 
Münster sich nicht mehr fügen wollte. Christiani und andere liberale Ab- 
geordnete wurden von Polizei wegen aufgefordert, im Landtage zuerscheinen, 
widrigenfalls die Behörde sie aus der Stadt Hannover ausweisen würde. 
Dergestalt erlebte Deutschland das wunderbare Schauspiel, daß man seine 
Volksvertreter auf dem Schub in die Kammer brachte. Durch solche 
Künste ward der Landtag endlich beschlußfähig, und im Sommer 1840 
erklärte er sich bereit, auf einen neuen Verfassungsentwurf der Regie- 
rung einzugehen. Ernst August empfing jetzt seine getreuen Stände sehr 
freundlich und sagte: „Ich fühle als einen Stein vom Herzen zu hören 
das, was Sie mir sagen.“ Wenn man ihm nur seinen Willen tat, war 
er ja kein Bösewicht. 
Am 6. August 1840 kam das Landesverfassungsgesetz zustande. Die 
neue Verfassung gewährte dem Welfen alles, was er wünschte: ein den 
Ständen nicht verantwortliches Ministerium, einen Landtag mit sehr be- 
schränkter gesetzgeberischer Befugnis, und vor allem die längst ersehnte 
Kassentrennung. Sie bestimmte auch, was ihm fast noch wichtiger war, daß 
nur Geisteskrankheit vom Throne ausschließen, und mithin der blinde 
  
*) Schölers Bericht, 1. Okt. 1839. 
**) Schölers Bericht, 5. März 1840.
	        
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