696 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit.
seinen diplomatischen Verhandlungen Hintergedanken hegt und hegen muß,
so gereicht es ihm stets zur besonderen Freude, wenn er einmal auch die
weltliche Gewalt auf Schleichwegen antrifft. Mit hoher sittlicher Ent—
rüstung fragte Kardinal Lambruschini den preußischen Gesandten (15. März
1836), ob diese Weisung nicht den Vorschriften des Breves offenbar zu-
widerlaufe. Zugleich sprach er die Hoffnung aus, ein päpstlicher Nuntius
in Berlin könne die Wiederkehr solcher Irrungen leicht verhindern. Dieser
letztere Wunsch wurde sofort entschieden zurückgewiesen. Auf keinen Fall
wollte der König in seiner Hauptstadt einen römischen Prälaten dulden,
um den sich die Oppositionspartei des polnischen und westfälischen Adels
vielleicht versammeln konnte; Ancillon meinte sogar, kein souveräner Staat
dürfe einen solchen diplomatischen Vertreter einer Kirchengemeinschaft zu-
lassen. Ebenso offen mußte der preußische Hof, wenn er richtig rechnete,
auch die erste Anfrage wegen der Instruktion beantworten. Das Ge-
heimnis war verraten, und nun blieb nur übrig, dem Papste ehrlich her-
auszusagen: da er über das rätselhafte Breve keine genügende Erklärung
hätte abgeben wollen, so sei die Krone genötigt gewesen, sich mit ihren
Landesbischöfen zu verständigen. Bunsen aber dachte auch jetzt noch mit
seinen beliebten kleinen Mitteln durchzukommen und erlaubte sich eine
ebenso unwürdige als törichte Sophisterei.
In seiner Antwort vom 16. April beteuerte er feierlich, niemals habe
Spiegel eine solche Weisung erlassen. Die Versicherung war buchstäblich
wahr, der Sache nach grundfalsch, und sie ward dadurch nicht edler, daß
ein Schwall frommer, tugendhafter Redensarten darauf folgte; in solchen
Künsten diplomatischer Kanzelberedsamkeit durfte es der deutsche Theolog
mit dem Kardinal wohl aufnehmen. Was nicht ausbleiben konnte, ge-
schah. Die Kurie ließ unter der Hand durch ihre Getreuen am Rhein
weitere Nachforschungen anstellen, und als im November der ehrwürdige
Bischof von Trier auf dem Todesbette lag, unterschrieb er, wahrscheinlich
durch seine geistlichen Umgebungen überredet, einen reuigen Brief, der den
heiligen Vater um Verzeihung bat wegen jener geheimen Instruktion.
Bald darauf kannte der römische Stuhl schon den vollständigen Wortlaut
der Vereinbarung zwischen Spiegel und Bunsen. In welchem Lichte stand
nun Preußens Krone da! Dank den Mißgriffen ihres römischen Gesandten
geriet diese bei allen ihren Schwächen durchaus ehrliche Regierung in
den Ruf der Verräterei, und solche Nachrede war nirgends gefährlicher
als am Rhein, wo alle Schoppenstecher sich längst gewöhnt hatten, die
albernen Witze über die preußischen Pfiffe und Kniffe nachzusprechen. Jetzt
schimpften die Rheinländer auf den Lug-Bunsen und sagten: wenn er
weint, dann lügt er!
Wer hätte nach solchen Erlebnissen den Erzbischof zurückhalten können
auf seiner abschüssigen Bahn? In Köln wie einst in Münster befahl er seinen
Geistlichen ganz unbedenklich, keine gemischte Ehe ohne das Versprechen