Rückzug des Staates. Bunsen in Wien. 701
wackerer märkischer Edelmann, so durchaus ehrlich, daß die geriebenen
Monsignori des Vatikans quello barone tedesco als eine römische Merk—
würdigkeit betrachteten; wie die meisten seiner brandenburgischen Landsleute
hatte er vom katholischen Wesen schlechterdings keinen Begriff und verwech—
selte die gewaltige moralische Kraft dieser Weltkirche arglos mit der lächer-
lichen Schwäche des Kirchenstaates. In seiner Erwiderung auf die Mittei-
lung des Kardinal-Staatssekretärs (12. Dez.) bedauerte er höflich, daß der
Papst so vorschnell gehandelt habe, und sprach zugleich die Hoffnung aus,
bei besserer Kenntnis der Tatsachen „werde der römische Hof wohl sein
Urteil über die fragliche Angelegenheit berichtigen und, dem Wunsche der
königlichen Regierung willfahrend, ihr seinen Beistand leihen, um eine
geregelte Verwaltung im Kölner Bistum herzustellen“. Nach erneuter
Prüfung fand er diese Antwort doch selbst fragwürdig. Er sendete Ab-
schrift nach Berlin und fügte unschuldig hinzu: Meine Erwiderung wird
vielleicht zu schwach scheinen; aber „die Ehre des Königlichen Gouverne-
ments kann schwerlich darunter leiden, da das Benehmen Preußens, einem
so ohnmächtigen Gegner wie dem päpstlichen Hofe gegenüber, wohl nie als
ein Zeichen von Furcht und Schwäche, sondern als ein Beweis von weiser
Mäßigung betrachtet werden kann“. Was half es, daß Minister Werther
dem gutmütigen Geschäftsträger nachträglich einen Verweis erteilte?5) Die
Kardinäle erzählten sich triumphierend, daß Preußen auf grobe Beschimpfun-
gen mit Höflichkeiten, ja mit einer Bitte geantwortet hatte.
Währenddem reiste Bunsen auf seinen römischen Posten zurück. So
wenig kannten die Minister den Vatikan: sie ahnten gar nicht, wie der
römische Stuhl die Verhaftung des Erzbischofs aufnehmen mußte, und da
der Gesandte noch immer seine alte stolze Zuversicht zur Schau trug, so
begriffen sie nicht einmal, daß Bunsen nach den Enthüllungen der jüngsten
Monate in Rom ein unmöglicher Mann war. Er erhielt Befehl, die Kurie
über das Verfahren des Königs aufzuklären und mit ihr wegen der Wieder-
besetzung des Kölner Stuhles zu verhandeln. Ausdrücklich ward beschlossen,
„daß auf keine Weise je wieder an ein Abfinden mit dem Erzbischof und an
ein Wiederzulassen desselben in seine Wirksamkeit zu denken sei.“ *) Bunsen
nahm den Weg über Wien. Dort hatte er mit Metternich mehrere lange
Unterredungen und mit gewohnter Selbstgefälligkeit bildete er sich wieder
ein, den Fürsten fast ganz gewonnen zu haben. Allerdings befand sich
der Österreicher in einiger Verlegenheit, da der Preuße ganz bestimmt
versicherte, Droste würde den Kölner Dom niemals wiedersehen. Gegen
den erklärten Willen des befreundeten Königs von Preußen offen vorzu-
gehen, wagte Metternich nicht. Wer aber den Wiener Hof und die dort
*) Buch an Lambruschini, 12. Dez. Buchs Bericht an Werther, 14. Dez.; Werther,
Weisung an Bunsen, 29. Dez. 1837.
**) Bunsens Denkschrift über die Ministerkonferenzen v. 9. u. 10. Nov. 1837.