706 IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit.
fangenen Erzbischof. Der saß jetzt in leichter Haft in einem Bürgerhause
zu Minden; er teilte seine Zeit zwischen geistlichen übungen und stillen
Betrachtungen bei der Tabakspfeife. Seine Wiedereinsetzung war undenk-
bar, gleich undenkbar aber auch ein Verzicht des hartköpfigen Prälaten.
Doch was nun? Konnte man ihn wirklich des Hochverrats bezichtigen?
Altenstein glaubte dies anfangs ganz bestimmt. In einem Briefe an das
Kölner Domkapitel sagte er, Drostes Handlungen hingen zusammen mit
dem feindseligen Einfluß von zwei revolutionären Parteien, und in einem,
zur Belehrung der Rheinländer bald veröffentlichten Schreiben an den Ober-
präsidenten Bodelschwingh wiederholte er diesen Vorwurf. Die Beschul-
digung ließ sich nicht erweisen. Der getreue Kaplan Michelis hatte
unmittelbar vor der Verhaftung die wichtigsten Briefschaften Drostes ver-
brannt. Er selbst wurde nachher nach Magdeburg abgeführt, und es
fanden sich auch einige Briefe, welche seine feindselige, landesverräterische
Gesinnung außer Zweifel stellten und darum von der Regierung sofort
bekannt gemacht wurden. Doch der Tatbestand des versuchten Hochver-
rats lag nicht vor; um so weniger durfte man annehmen, daß Drostes
heilige Einfalt, die doch nur von anderen mißbraucht werden konnte, sich
mit politischen Plänen getragen hätte. Daß er sein Amt nicht wieder er-
langen konnte, fühlte Droste nachgerade selbst; aber niemals legte er sich
die Frage vor, ob er nicht seine beschworene Pflicht gegen die Staats-
gewalt verletzt habe.
Ohne jede Spur von Reue schrieb er im August 1838 an den König,
um sich über seine Gefangenschaft zu beklagen: „Ob es vor Gott gerecht
sei und zum Guten führen könne, wenn Ew. Maj. jene Zwangsgewalt,
welche Gott Eurer Maj. insbesondere zur Beschützung jedes Rechts, also
auch zur Beschützung der katholischen Kirche, ihres Episkopats und ihrer
Mitglieder anvertraut hat, noch fernerhin gebrauchen, um mich zu ver-
hindern, nach Köln zurückzukehren, um noch fernerhin die von Gott ge-
knüpfte Verbindung, gleich dem ehelichen Bande, unter Hirt und Herde,
unter Vater und Kindern zu hemmen, das wollen Ew. Maj. unter Gottes
Beistand allergnädigst zu erwägen geruhen.“ Als ihm darauf der Regie-
rungspräsident im Namen des Königs eröffnete, seine Gefangenschaft sei
nach dem Gesetze gerechtfertigt, seine Rückkehr unmöglich, da erwiderte der
Erzbischof: vergeblich habe er gehofft, daß Fürst Metternich den König
umstimmen würde; jetzt liege ihm nichts mehr an einem Amte, das er
nicht mit Freudigkeit führen könne; nur auf vierundzwanzig Stunden
wolle er nach Köln zurück, um dort mit Zustimmung des heiligen Stuhls
seine Würde feierlich niederzulegen.) Dabei blieb er: die Krone sollte
*) Droste-Vischering, Eingabe an den König, 24. Aug. Schreiben der drei Mini-
ster an Reg.-Präsident Richter in Minden, 31. Aug. Bericht der drei Minister an den
König, 18. Okt. 1838.