Tod König Friedrich Wilhelms. 727
könne. Der Glanz des preußischen Namens hatte sich unter der Herr—
schaft dieses schlichten Landesvaters nicht erhöht, aber wie wunderbar war
die innere Kraft des Staates gewachsen. In keinem Staate der Welt
bestand eine so menschliche, so sorgsame, so gerechte Verwaltung, in keinem
eine so volkstümliche, so ganz unerschöpfliche Wehrbarkeit. Das deutsche
Sparta war zu einem Lande der Bildung geworden, einer Bildung, die
unendlich weit über des Königs anerzogene Nützlichkeitsbegriffe hinaus—
reichte und doch von ihm nach seiner gewissenhaften Weise gefördert wurde.
In glücklicher Sicherheit lagen die Fluren, die seit zwei Jahrhunderten
immer und immer wieder der Hufschlag fremder Rosse zerstampft hatte;
eine Gemeinschaft der Arbeit, wie sie unsere Geschichte nie gekannt, ver—
band die Deutschen, und alle wußten, daß ein Rückfall in das Elend der
Fremdherrschaft unmöglich war, daß die Nation sich wieder selbst ange—
hörte und nur noch vorwärts schreiten konnte. Und wie fest war der
preußische Staat jetzt mit dem Leben der Nation verwachsen. Auf ihn,
auf seine Schuld und sein Verdienst schauten grollend oder freudig alle
Deutschen. Ihm dankten sie den Frieden, ihm die Anfänge ihrer Ein-
heit; sein Streit mit der Kirche berührte jeden wie ein persönliches Er-
lebnis, und nach dem hannöverschen Staatsstreiche wurde Preußen fast
härter angeklagt als der Welfe, denn alle fühlten, daß dieser Staat be-
rufen sei, überall das deutsche Recht zu beschirmen.
Im Anfange seiner Regierung ließ Friedrich Wilhelm das Schlütersche
Standbild des ersten preußischen Königs in Königsberg aufstellen und wid-
mete es „dem edlen Volke der Preußentzum ewigen Denkmal gegenseitiger
Liebe und Treue“. Herrlicher, als er es damals in der weichen Gefühls-
seligkeit seiner Jugend ahnte, sollte dies Wort sich bewähren. Als die Tage
des selbstverschuldeten Unglücks kamen, als die Preußen mit ihrem Könige
den Hohn des Erorberers ertrugen, mit ihm um die schöne Königin klagten,
als er dann, getrieben und getragen von seinem treuen Volke, die Erhebung
wagte und endlich dem befreiten Lande so viele Jahre friedlichen Erstarkens
sicherte, da ward in der ernsten, strengen Geschichte dieses Staates eine
neue sittliche Kraft lebendig, die Macht der Liebe. Jeder Landwehrmann,
der mitgeholfen, betrachtete das ruhmvoll wiederhergestellte Vaterland fast
wie ein Werk seiner eigenen Hände; die alte preußische Treue wurde freier,
bewußter, inniger. Dem Könige zeigte das Volk der alten Provinzen eine
zutrauliche Herzlichkeit, die sich unter den beiden gewaltigen Herrschern des
achtzehnten Jahrhunderts nie recht herausgewagt hatte. Was er in den
Jahren der Kriege gefehlt, war vergessen; man rechnete ihm nur zu, was
er gelitten, und erkannte dankbar an, daß er mit allen Schwächen und
Schranken seines Wesens doch für die stille Arbeit dieser Friedensjahre
lange der rechte Leiter blieb, daß seine unerschütterliche Rechtschaffenheit
so viele Gegensätze der Stämme und der Landschaften freundlich versöhnte.
Den großen Kurfürsten stellte Schlüter als einen mächtigen Cäsar auf