8. 37. Herzog Friedrich I. 111
bar, die Enz und Nagold floßbar machen. Beides mißlang. Zur Pflege der
Leinwandfabrikation ließ er in Urach eine Reihe Häuser bauen; in- und
ausländische Weber wurden beigezogen; eine Bleiche wurde eingerichtet; in Stutt-
gart und Schorndorf entstanden große Weberzünfte mit mancherlei Vorrechten;
die Ausfuhr von Hanf, Flachs und Garn wurde streng verboten. Aber der Mann,
der die ganze Sache zu leiten hatte, Jesaias Huldenreich, schob einen nicht unbe-
deutenden Theil der Gelder in die eigene Tasche und die übermüthig gewordenen
Weber erhöhten ihren Lohn eigenmächtig; und so kam bei der Weberei mehr
Schaden als Nutzen heraus. — Ebenso gieng es mit der Seidezucht, dle
Friedrich auf zwei Gütern eingerichtet hatte und zu deren Erlernung jedes Amt
zwei Kinder nach Stuttgart schicken mußte. Die Züchterei trug wenig ein; der
dreißigjährige Krieg machte ihr ein Ende. — Mehr Glück hatte er mit dem
Bergbau. In Christophsthal lies er fünf Stollen auf Silber anlegen und er-
baute seinen Bergleuten, Oesterreichern, die um ihres protestantischen Glaubens
willen ihr Vaterland verlassen hatten und vom Herzog gerne aufgenommen wor-
den waren, eine Stadt, nach ihm Friedrichsstadt, von seinem Sohn wegen
ihres Gedeihens Freudenstadt genannt. — Am meisten Geld verschleuderte
Friedrich an die Goldmacher oder Alchymisten 1). Vier derselben betrogen
den Herzog nach einander schändlich um sein Geld; er lleß sie alle an einen eiser-
nen Galgen aufhängen, einen daran in einem Kleide von Goldschaum. — Um
Handel und Gewerbe zu höherer Blüte zu bringen, zog er Juden in das Land.
Eberhard im Bart hatte diese für „nagende Würmer“ erklärt und auf ihren Aus-
schluß aus dem Lande seine Nachfolger verpflichtet. Friedrich kümmerte sich darum
nichts; er hoffte durch sie in geheime Wissenschaften eingeweiht zu werden und
auf diese Weise seinen zerrütteten Finanzen aufzuhelfen. Das Volk war unzu-
frieden, und der Hofprediger Lukas Osiander erklärte mit derben Worten,
„wenn ein Herr wolle, daß seine Unterthanen verderben, so dürfe er nur dleses
Ungeziefer der Juden einnisten lassen.“ Dafür wurde er aus dem Lande gejagt.
Beschränkung durch irgend welche Verträge konnte ein Mann voll Willkür
und Despotenlaune, wie Friedrich, nicht ertragen. Darum suchte er zuerst die ihm
lästige Afterlehenschaft Württembergs zu Oesterreich abzuschütteln. Er gab
vor, daß sein Vater Georg den Kadaner Vertrag nie anerkannt habe und dieser
deßhalb auch für ihn nicht bindend sei. Die Verhandlungen wurden durch Eifer-
1) Die Alchymie war die Wissenschaft, welche den Stein der Weisen suchte,
d. i. den Urstoff, aus dem alle andern Stoffe abgeleitet seien. Bald glaubte die Hab-
gier, aus diesem Urstosfe auch Gold machen zu können. Schon Barbara, die Gemahlin
Sigismunds, hielt sich einen Hofalchymisten, Johann von Laaz. Das Gold hätte sie
nöthig brauchen können. Im 15. und 16. Jahrbundert kam es geradezu in die Mode,
Alchymisten an den Hösen zu halten. Ganz allgemein wurde die Kunst durch Kaiser
Rudolf II. (1576—1612), den man den Fürsten der Alchymie nannte. An seinem
Hofe wimmelte es von Goldköchen, und unter den Fürsten entstand der kostspielige Wett-
eifer, einander die Alchymisten wegzufangen. Von einem derselben, Setonius, glanbten
seine Zeitgenossen, daß er das Geheimniß der Goldmacherkunst besitze. Da er es nicht
verrathen wollte, wurde er von Christian II. von Sachsen zu Tode gefoltert. Die
Goldwuth wurde endlich so stark, daß ein gewisser Töpfer im Ernst behauptete, man
müsse das Gold aus den Juden machen, aus 24 verbrannten Judenleibern werde man
ein Loth Gold bekommen. Aerzte versuchten, aus dem Stein der Weisen die Universal-
medizin “ das Lebenselixir zu bereiten. S. Menzel, Geschichte der Deutschen, Bd. 2,
S. 668 ff.