128 III. Württemberg als Herzogthum.
erhob ihn in den Adelsstand und schenkte ihm eine goldene Kette. Eberhard schenkte
thm das Rittergut Hemmingen. Die Nachwelt erhalte dem wackeren Patrioten stets
ein dankbares Andenken! — Am 2. November wurde das Friedensfest in Stutt-
gart gefelert. Aber die Bestimmungen des Frledens wurden in Württemberg lang-
sam durchgeführt. Zwar machten die weltlichen Besitzer württembergischer Güter
keine großen Schwierigkelten, um so mehr aber die Benediktiner, welche erklärten,
osie wollen sich lieber todtschlagen lassen, als weichen." Der Festigkeit Varen-
bülers und den Ermahnungen des Bischofs von Konstanz gelang es endlich, sie
zum Abzug zu bewegen. Vorher aber verdarben sie noch die Klöster, saugten
die Klosterunterthanen aus, fischten die Klosterteiche aus, lichteten die Wälder,
verkauften die Mühlsteine und Mühlräder; in Hirschau rifsen sie sogar das
Kupfer von den Klosterdächern herunter und verkauften es. Württemberg
war nun frei von seinen Drängern; Oesterreich hatte seinen Ein-
fluß auf dasselbe verloren.
Aber wie viele tiefe Wunden waren unserem Vaterlande geschlagen!
Renz sagt: „Man hat auf Reichs= und Kreistagen mit unverwerflichen Urkunden
dargethan, daß Württemberg vom Jahr 1628—1654 an Kontribution, Ein-
quartierung und dergleichen zugesetzt 58 Millionen Schulden, 7 Tonnen und
43,264 fl. Inglichen abgegangenen Haushaltungen 57721, ungebaute Aecker
248,613 Morgen, Weinberge 40,195, Wiesen 24,503 Morgen; abgebrannte
Städte 8, Dörfer 45, Pfarr= und Schulhäuser 158, Kirchen 65, Privathäuser
36086.“ Die verwüsteten Felder ausgenommen wird der Schaden, den Würt-
temberg im dreißigjährigen Krieg erlitt, auf 118 Millionen Gulden geschätzt.
Und dazu noch das entrölkerte Land! Betkius schreibt darüber: „Ach Gott! wie
jämmerlich stehets in den Dörfern! Man wandert bei zehn Meilen, und siehet
nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling, wo nicht an etlichen
Oertern ein alter Mann und Kind, oder zwei alte Frauen zu finden. In allen
Dörfern sind die Häuser voller todten Leichname und Aeser gelegen, Mann,
Weib, Kinder und Gesind, Pferde, Schweine, Kühe und Ochsen, neben und
untereinander von der Pest und Hunger erwürget, voller Maden und Würmer
und von Wölfen, Hunden, Krähen, Raben und Vögeln gefressen worden, weil
niemand gewesen, der sie begraben, beklaget und beweint hat.“ Kaum war zu
unterscheiden, welche Heere am fürchterlichsten gehaust hatten, ob die kalserlichen
oder die schwedischen. An manchen Orten betete man in der Litanei: „Vor
Türken und Schweden behüt' uns, lieber Herre Gott!“ 1)
Und doch war der Verlust an Menschenleben, an Geld und Gut
noch der geringere; viel größer und nachhaltiger war der sittliche Verfall.
Es war ein Geschlecht herangewachsen, das 30 Jahre lang nichts gesehen hatte
als Krieg, blutigen, fürchterlichen Krieg, mit Rauben, Sengen und Morden.
1) Ein Volkslied aus jener Zeit sagt:
„Der Schwed ist kommen
Mit Pfeifen und Trommen,
Hat alles weggnommen,
Die Fenster nausgschlagen,
Das Blei rausgraben,
Hat Kugeln draus gossen
Und d’ Bauern todt gschossen.“