134 III. Württemberg als Herzogthum.
datenspielerei ungeheure Summen Geldes, die sie ihren armen Unterthanen aus-
preßten. Alle Beschwerden gegen solch despotische Herrschaft waren fruchtlos;
der Kaiser und der Reichstag konnten wenig helfen. Erst die furchtbare Um-
wälzung aller staatlichen Ordnungen durch die französische Revolution
und die napole onischen Kriege sollten, gleich einem unwiderstehlichen
Sturme, die alten morschen Einrichtungen wegfegen, und neues Leben sollte aus
dem Boden der in allen Fugen erschütterten Staaten blühen: — ein Leben der
Völkerfreiheit. Doch Oesterreich wollte es nicht; Deutschland sollte noch
länger schlafen.
Was die Lage und Verhältnisse Württembergs während dieses
Zeitraums betrifft, so könnte eigentlich das in g. 25. S. 63 allgemein darüber
Ausgesprochene wörtlich wiederholt werden. Was damals Oesterreich gethan
hatte, that jetzt Frankreich, das, die geographlsche Stellung Württembergs
wohl kennend, von hier aus seine kriegerischen Unternehmungen gegen Habsburg
und das Reich noch leichter leiten konnte, als vom Elsaß aus. So hatte Ludwig
XIV. schon Herzog Eberhard III. für die rheinische Allianz gewonnen
(1659) und Herzog Karl Eugen verkaufte seine eigenen Unterthanen an
Frankreich. Und wie schändlich wurde dagegen Württemberg von Frankreich be-
handelt! Man denke nur an die französische Mordbrennerei Melacs, an die
Ruinen des einst so herrlichen Klosters Hirschaurt
Zugleich aber hatte Württemberg eine Reihe von Fürsten, welche das Volk
aufs jämmerlichste plagten. Die Werke Eberhards im Bart und Christophs, die
ihrem Lande Verfassung und Freiheit geschaffen hatten, wurden zerstört. An die
Stelle des Rechts traten grenzenlose Herrscherlaune und despotische Willkür. Unser
Volk durfte nicht aufathmen und konnte sich keines Besitzthums freuen. Ungeheure
Summen Geldes wurden verschlungen unter Eberhard Ludwig durch seinen
Umgang mit der Grävenitz, unter Karl Alerander durch den Juden Süß
Oppenheimer, unter Karl Eugen durch Soldatenspielerei und Bau-
lust. Nur der starke Polenkönig August von Sachsen that es den württember-
gischen Herzogen zuvor, die alles daran setzten, um durch ungeheure Pracht ihres
Hofes getreue Abbilder Ludwigs XIV. zu werden. Zur Erreichung dieses Zweckes
mußte alles dienen; da war kein Recht mehr heilig, kein Gesetz mehr giltig, kein
Band mehr fest genug, daß es nicht hätte zerrissen werden können. Kein Bürger
konnte sich seiner persönlichen Freiheit freuen, denn Verrath umgarnte ihn, und
zu jeder Stunde konnte ihn des Herrschers Machtspruch ohne vorhergegangenes
Urtheil ins Gefängniß bringen; keiner konnte sich auf die Unterstützung des her-
angewachsenen Sohnes verlassen, denn über Nacht konnte dieser gewaltsam abge-
holt und verkauft werden; keiner konnte sich der Ehre seiner Familie rühmen,
denn Frau und Tochter waren keinen Augenblick vor der ungezügelten Lust des
Herzogs sicher; kein Beamter konnte sein Brot mit Ruhe genießen, denn im
nächsten Augenblick konnte seine Stelle an einen Mehrbietenden verkauft werden,
ohne daß er einen Schadenersatz erhielt; kein Bauer konnte auf seine Ernte rechnen,
denn das Wild durfte sie ihm zerstören oder er mußte als Treiber auf der Jagd
beim Zertreten seiner Saat selbst mithelfen 1).
1) Ein Wort für die Schwarzseher unserer Tage, die, weil sie die vielen Schäden
üuherer Jahrhunderte entweder nicht kennen oder nicht verstehen wollen, in unver-