144 III. Württemberg als Herzogthum.
Der an die Stelle Ludwigs von Baden getretene Markgraf Christian von
Balreuth konnte im Jahr 1707 die unter Villars über den Rhein ziehenden
Franzosen nicht aufhalten. Diese fielen nun in Württemberg ein, besetzten Stutt-
gart, nahmen Schorndorf ein und verheerten das Land nach allen Seiten. Die
Herzogin-Mutter mußte in einen Vertrag willigen, in welchem sie sich verpflichtete,
1.200,000 fl. zu bezahlen. Hierauf zog Villars ab. 6000 Franzosen unter
General Vivans blieben aber noch im Land, trieben unerschwingliche Brand-
schatzungen ein und legten mehrere Dorfschaften in Asche, bis Eberhard Ludwig
gegen sie zog und sie bei Hornberg schlug (1712). Ein unter Milllars stehen-
des Heer von 100,000 Mann, welches Prinz Eugen nicht aupfhalten konnte,
brandschatzte noch den Breisgau, wurde aber an weiterem Vordringen nach
Württemberg durch den Friedensschluß abgehalten, der in Rastatt vom Kaiser,
in Baden vom deutschen Reich unterzeichnet wurde.
Und nun Wüöürttembergs Lohn für seine Verdienste um
Oesterreich! Der Herzog hatte durch seinen Gesandten eine billige, den Trak-
taten gemäße Satisfaktion für die Kriegskosten und den während des Kriegs
erlittenen Schaden, die Bestätigung der Herrschaft Wiesensteig und die vollständige
Herausgabe Mömpelgards und der elsässischen Besitzuigen verlangt. Gewiß
billige und bescheidene Forderungen! Der Kaiser kannte aber nach beendigtem
Kriege seine Verbündeten nicht mehr; hatten sie doch ihre Pflicht, ja manche noch
mehr als ihre Pflicht gethan, nun konnten sie zusehen, wie sie sich allein mit
Frankreich abfänden 1). Vom Kaiser wurde ihnen das leere Lob zu Theil, „sie
hätten für das gemeine Beste zu ihrem unsterblichen Nachruhm alles gethan, was
nur immer habe begehrt werden können; aber er hätte den Frleden für sie nicht
vortheilhafter einrichten können.“ Auch Württemberg erhielt weder eine Belohnung
noch eine Entschädlgung; Wiesensteig kam wieder an das reichsverrätherische und
geächtete Bayern; der Herzog bekam nur Mömpelgard, dazu noch mit der Ryswiker
Klausel, zurück. Das Land aber war verwüstet, viele Ortschaften waren verbrannt,
und zur Bestreltung der Kriegskosten waren große Schulden gemacht worden.
Wahrlich, wenn je einmal so wäre es jetzt die höchste Zeit gewesen, einen
sparsamen Landeshaushalt einzuführen. Aber davon wollte der Herzog nichts
wlssen. Wohl waren die Franzosen aus dem Lande getrieben, aber ihr Geist war
geblieben in Sprache, Sitten und Schriften. Wie abscheulich wurde die deutsche
Sprache mißhandelt! Schon der dreißigjährige Krieg hatte durch die vielen
fremden Soldaten eine Menge spanischer, italischer und französtscher Wörter ge-
bracht, und dieser Mischmasch wurde so sehr Mode, daß man es für die höchste
Eleganz hält, so viel als möglich ausländische Wörter mit deutschen Endungen
zu gebrauchen. Durch die Uebermacht Frankreichs über Deutschland wurde die
deutsche Sprache immer mehr verdrängt; in politischen Angelegenheiten, bei Frie-
densschlüssen u. s. w. wurde statt in lateinischer, in französischer Sprache verhan-
delt. Französisch wurde die Umgangssprache des Hofs, der Vornehmen, und
deutsch blieb die Sprache der niedern Klassen. Amtliche Erlasse waren ge-
spickt mit Fremdwörtern ?). Noch trauriger sah es mit der „guten deut-
1) Manu erinnere sich des Prager Friedens vom Jahre 1866.
2) Davon nur zwei Proben: der Stadtrath von Hall „verwies dem Stadt-
Leutnant seine ungeschliffene Latinitaet und üblichen barbarismos. Soll bei dem