Full text: Die Geschichte Württembergs.

154 III. Württemberg als Herzogtbum. 
Münzverschlechterung. Die Münee war seither verpachtet gewesen. Nun 
kam Karl Alerander auf den Gedanken, sie selbst zu übernehmen. Da aber eine 
zur Untersuchung bestellte Kommission einen Nutzen von nur 10000 fl. heraus- 
brachte, wollte der Herzog den Plan wieder aufgeben. Der Jude aber rechnete 
ihm vor, daß er ihm vlermal mehr und diese Summe alle Vierteljahr vorausbe- 
zahlen könne. Sogleich gieng er ans Werk und ließ innerhalb 9 Monaten 
11 Millionen Gulden schlechtes Geld, und zwar meistens große Stücke, prägen. 
Weil es jetzt an Scheidemünze gebrach, so ließ er das ausgetheilte große Geld 
einwechseln, aber mit 6—25 Prozent Schaden für die Unterthanen. Da dieses 
einträgliche Geschäft nicht in die Länge fortgetrieben werden konnte, so verfiel 
Süß auf einen andern Gedanken. Er errichtete ein „Gratialamt“; der 
Diensthandel 1) florirte aufs neue. Im Dienst ergraute Beamten mußten, wenn fie 
nicht entlassen werden wollten, ihre Stellen noch nachträglich bezahlen. Außer 
den Aemtern konnte man Titel, Dispensationen, Quartierbefreiungen, Gewerbs- 
und andere Privilegien kaufen. Auch die geistlichen Aemter, die Professorate 
wurden verkauft. Feil war alles, sogar das Recht. Ein von dem Juden er- 
richtetes „Fiskalamt“ zog die Rechtssachen an sich. Untreue Beamten konnten 
sich mit Geld loskaufen; rechtschaffene Männer wurden durch falsches Zeugniß 
gezwungen, große Summen auszuzahlen, wenn sie nicht ihre Aemter verlieren 
wollten. Ueberall wurden Untersuchungen eingeleitet; es mochte einer nichts oder 
etwas verschuldet haben, er mußte schließlich zablen. Wer am meisten bezahlte, 
bekam Recht. Durch das „Bankalitäts= und Pfandamt“ bemächtigte sich 
Süß der Stiftungskapitallen, durch das „Pupillenamt"“ (Walsengericht) der 
Walsengelder 2). — Wer nicht bezahlen konnte, dem streckte er das Geld gegen 
einen Groschen Zins vom Gulden („Judengroschen") vor. 
Zu diesen Geldschneidereien kam noch das Monopolisiren des Juden Süß. 
Die Einfuhr fremden Tabaks wurde verboten. Aller Tabak mußte von Ludwigs- 
burg bezogen werden. In Stuttgart, Ludwigsburg, Tübingen, Göppingen und 
Brackenheim wurden Tabaksniederlagen errichtet. Ferner dehnte er die Mono- 
pole auf Leder, Specereiwaaren, Kaffeehäuser, Kaminfegen, auf den Holzverkauf 
aus. Sogar die Haltung von Kutschen und Portechaisen für den Hof wurde an 
Süß verpachtet. 
Auf solche Weise hatte er dem Herzog in weniger als zwei Jahren eine 
Summe von 500,000 fl. verschafft; sein eigener Vortheil war noch viel größer. 
Ein betrügerischer Juwelenhandel mit dem Herzog trug ihm binnen kurzem über 
200,000 fl. ein. Bel den Karnevalen mußten die Maskenanzüge von ihm be- 
zogen werden. 
1) Weil Süß wußte, wie sehr der Herzog gegen den Diensthandel war, suchte er, 
ihm die Sache auf eine planfible Art darzustellen. Die betreffenden Behörden sollten 
dem Herzog von den sich zu einem Amte Meldenden einige vorschlagen, von welchen er 
dann einen auswähle. Wie ein solcher seither den Ministern und Räthen Geschenke habe 
machen müssen, um empfohlen zu werden, so sollte er statt dessen in Zukunft nach Ver- 
hältniß seiner Besoldung eine Gelrsumme „als freiwilliges Opfer“ in die herzogliche 
Privatkasse bezahlen. 
#„ Alle Vormünder mußten schlennigst das Vermögen ihrer Mündel in Geld um- 
setzen — ob mit Verlust, war gleichgiltig — und dieses an die Puplllenkasse schicken. 
Hier wurde es mit vier Prozent verzinst und bei der Minndigkeit der Pflegkinder mit 
allerlei Abzügen wiederherausbezahlt. 
  
 
	        
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