Full text: Die Geschichte Württembergs.

162 III. Württemberg als Herzogthum. 
waltige gegen alle Untergebenen, gegen Beamte tyrannisch und grausam. Doch 
„Hochmuth kommt vor dem Fall“. 
Im Jahr 1758 hatte Herzog Karl den Grafen Samuel Friedrich 
von Montmartin als Staats= und Kabinetsminister bestellt. Derselbe war 
ein feiner Hofmann und besaß eine bestechende Beredsamkeit. Seinen Mangel 
an Gaben und Kenntnissen wußte er durch Phrasenreichthum zu ersetzen 1). Da- 
bei war er habgierig und benützte sein Amt zu nichts als zu eigener Bereiche- 
rung. Kein Geschäft war ihm zu gemein und zu ungerecht, als daß er es nicht 
ausgeführt hätte. Mit List und Gewalt schob er alle Hindernisse, die sich ihm 
bei der Verfolgung seines Zwecks in den Weg legten, zur Seite. Während 
Rleger die für den siebenjährigen Krieg nothwendigen Truppenmassen zu stellen 
hatte, mußte Montmartin die Mittel zur Deckung der unerschwinglichen Aus- 
gaben des Herzogs für das Kriegswesen, für die vielen Bauten und den unmäßi- 
gen Aufwand am Hofe schaffen. Mit der Landschaft lebte er in beständigem 
Streit; der Geheimerath war seiner Selbständigkelt beraubt; er hatte fast nichts 
mehr zu thun, als die Befehle Montmartins auszuführen. Dieser hatte sich das 
Vertrauen des Herzogs in so hohem Grade erworben, daß er zum ersten Minister 
und Präsidenten des Geheimenraths ernannt wurde. Damit begann ein Regi- 
ment, das nur in dem der Grävenitz und Oppenhelmers seinesgleichen findet. 
Die Beamten, welche Häuser und Güter besaßen, mußten die herzogliche Kasse 
durch Zwangsanleihen unterstützen. Dem Pächter der Münze wurden 40,000 fl. 
abgepreßt; eine kleinere Schenkmaß wurde eingeführt; die alten Steuer- 
rückstände wurden mit beisplelloser Strenge eingezogen. Der Aemterhandel 
hatte unter den belden letzten Regierungen zu viel Geld eingetragen, als daß 
man nicht hätte den Versuch aufs neue machen sollen. Lorenz Wittleder, 
ein Rothgerbergeselle aus Thüringen, war in Württemberg Unteroffizier gewor- 
den. Derselbe verband mit der Gabe, überall noch Mittel zum Gelderwerb 
herauszufinden, eine heillose Frechheit in der Ausführung der verwerflichsten 
Plane; deßhalb war er ganz der Mann für den Herzog und Montmartin. Der 
Gerber, der es bis zum Kirchenrathsdirektor brachte, hatte in Ludwigsburg öf- 
fentlich eine Bude aufgeschlagen, wo jedes Amt ohne Rücksicht auf die Tüchtigkeit 
des Bewerbers an den Meistbietenden verkauft wurde. Er hatte sogar die Frech- 
heit, Aemter zu verkaufen, deren Besetzung nur der Gemeinde zustand. Wollte 
jemand ein Amt kaufen, so log ihm Wittleder vor, ein anderer habe schon mehr 
geboten; jene Person mußte also noch mehr bieten, wenn sie das Amt bekommen 
wollte. Um recht viel Geld zu lösen, wurden unnöthige Stellen und Aemter er- 
richtet; man vermehrte die Geschäfte so unnütz, daß das württembergische Schrei- 
berelwesen lange als Landplage sprichwörtlich wurde. Wittleder erhielt von 
dem Erlöse 10 Proc. (im Ganzen trug das Geschäft die Summe von 700,000 fl. 
ein); er betrog aber den Herzog, wo und wie er konnte. Und welch erbärmli- 
chen Beamtenstand erhlelt dadurch das Land! Leute mit den geringsten Kenntnissen 
wurden Oberamtleute, Dummköpfe ernannte man zu Räthen und Dieben gab 
1) Die landschaftlichen Abgeordneten gaben dem Kaiser Joseph in Wien auf die 
Frage, wie Montmartin sich dem Herzog so nothwendig zu machen gewußt habe, zur 
Antwort: „Er besitzt eine ziemliche Suade und die Kunst, des Herzogs Leidenschaften zu 
schmeicheln, dadurch weiß er sich dessen Gunst zu erhalten.“
	        
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