164 III. Bürttemberg als Herzogthum.
Freitheit wieder und starb als Generalmajor und Kommandant der Festung
Asberg 1).
Moser war gefangen, Rieger war gefangen; nun kannte Montmartin
keine Grenzen mehr. Er errichtete mit Wittleders Hilfe ein Lotto „zur wahren
Wohlfahrt, Flor und Aufnahme des Landes“, wie er erklärte, und zwang das
Volk, Lose zu kaufen. Der Landschaft schickte er zum Hohn 200 Lose zu und
ließ die Ziehung im Landhause vornehmen. Nun kam noch eine Einkommen-
und Vermögenssteuer, nach welcher der Aermste im Lande wenigstens 15
Kreuzer zahlen sollte. A#s Montmartin vom Geheimenrath die Unterschrift
der Vorlage verlangte, erklärten sich zwei Mitglieder desselben, Georgli# # und
Renz sen. dagegen und nahmen ihre Entlassung. Während die Stände den
berzog dieser ungerechten Steuer wegen bei dem Kaiser, sowie bei den Königen
von England, Dänemark und Preußen verklagten, hatte Karl die Erklärung der
Oberamtleute über die neue Vorlage verlangt. Oberamtmann Huber in Tü-
bingen hutte den Muth, in Montmartins Gegenwart den Plan zu verwerfen.
Eine Deputation von Tübingen wurde vom Herzog angefahren: „Was Vater-
land! Ich bin das Vaterland!“ und für den Fall ferneren Widerspruchs mit
schweren Strafen bedroht. Aber das Maß des Herzogs war voll. Der Stadt Tü-
bingen schloßen sich Sulz, Stuttgart, Calw an. Sagar die alten Steuern
mußten mit Militär eingetrieben werden. Einige Bürger von Balingen und
Pfullingen wurden auf den Hohen-Neuffen gesetzt. Am schwersten traf der Zorn
Montmartins die Stadt Tübingen. Sie bekam 2 Reiter= und 2 Regimenter
Fußsoldaten als Einquartlerung, und Oberamtmann Huber und drei Bürger
wurden 6 Monate auf dem Asberg gefangen gesetzt; der Herzog verlegte aus
Rache an Stuttgart, welches es mit Tübingen gehalten hatte, seine Residenz nach
Ludwigsburg (1764). Die bisherigen Bedrückungen und Steuererpressungen
wurden fortgesetzt; um die Kriegskasse zu erleichtern, gab man den Leuten Ein-
quartierungen und nahm ihnen die Pferde weg.
Endlich that der engere Ausschuß, vom letzten Landtag hiezu ermäch-
tigt, einen energischen Schritt. Er richtete an den Katlser ein Schreiben, in
welchem er umständlich „die unbegreifliche Noth, das Elend und den Jammer
schilderte, worein Landstände und Unterthanen durch das verfassungswidrige Be-
nehmen des Herzogs"“ gestürzt worden seien. Die Klage wurde von Preußen,
Dänemark und England unterstützt, worauf vom Reichshofrath dem Herzog be-
fohlen wurde, alle überflüssigen Geldforderungen und milltärischen Exekutionen
zu unterlassen und sich mit dem Landtag gütlich zu vergleichen. Der Herzog
aber, — hentschlossen, seine angestammte landesväterliche Huld, Milde und Lang-
1) Als der Herzog am 28. November 1762 wie gewöhnlich anf dem Paradeplatz
erschien, ließ er Rieger, der wegen Unpäßlichkelt zu Hause geblieben war, herbeirufen.
Sogleich riß er ihm mit den Worten „Schändlicher Verräther!“ den Orden von der
Brust, Montmartin nahm ihm den Degen ab, zerbrach denselben und warf ihm die
Stücke vor die Füße. Rieger stand wie vom Blitz getroffen und konnte kaum die Worte
stammeln: „Eure Durchlaucht sind falsch berichtet!“ „Nur zu gut berichtet!“ erwiderte
der Herog. stieß ihn mit dem Stock auf die Brust und rief zornig: „Fort mit dem
schlechten Kerl!“ — Die Leiden während seiner langen Gefangenschaft sowie der Umgang
mit dem Garnisonsprediger Dettinger brachten ihn zur Erkenntniß seiner früheren Ge-
waltthaten; doch bezwang er nie seine Heftigkelt und Herrschsucht.