Full text: Die Geschichte Württembergs.

K. 47. Herzog Karl Eugen. Fortsetzung. Der zweite Theil seiner Regierung. 167 
gerne Geld lieh, so hatte der Ausschuß jeder Zeit viel Geld und Einfluß auf 
viele Privatleute aus allen Ständen, die ihr Geld bei der Landschaft anzulegen 
wünschten. Bei Besetzung der Stellen und Aemter im Ausschuß wurde zunächst 
auf Verwandtschaft Rücksicht genommen. Dadurch bildete sich nach und nach 
eine Familten aristokr atie, deren Macht eine sehr große und ausgedehnte war. 
Um ihre Zwecke verfolgen zu können, mußte ihr an der Gunst des Herzogs gelegen 
sein, die sich durch Geldbewilligungen leicht erlangen ließ. Im übrigen verfuhr 
der Ausschuß ebenso gewaltthätig, als die Regierung. Um eine Rechenschaftsablage 
wor der Landschaft und eine Neuwahl seiner Mitglieder zu verhindern, besorgte 
der Ausschuß alle Geschäfte, ob er dazu berechtigt war oder nicht, selbst; die 
Landstände wurden 27 Jahre lang nicht mehr einberufen; der Herzog ließ den 
Ausschuß alles treiben, wenn er nur immer Geld zahlte; der Ausschuß wahrte 
die Rechte des Landes nicht und gab der Regierung in den ungerechtesten Forde- 
rungen nach, wenn diese ihm sein eigenmächtiges Treiben nachsah. So bezog 
Herzog Karl 13 Jahre lang eine jährliche Summe von 50000 fl., damit er keine 
österreichische Prinzessin heiraten sollte; der Ausschuß zahlte ihm diese Summe 
sogar nach, als er schon mit Franzlska von Hohenheim vermählt war. Dadurch 
gewann man das Stillschweigen und den Beifall der Regierung. Der Ausschuß 
half bald mitregieren; über seine Geschäfte drang wenig in die Oeffentlichkeit; 
Massen Geldes wurden ausgegeben, von denen man nachgehends gar nicht wußte, 
wozu sie verwendet worden waren 1). Verbrauchte doch der Ausschuß allein an 
Wein jährlich 70 Eimer! 
— Die Hofhaltung wurde in manchen Stücken eingeschränkt; man lebte 
sparsamer und einfacher. Die fremden Schauspieler, Sänger und Tänzer ver- 
schwanden nach und nach; auch das Militär wurde bedeutend vermindert. Aber 
noch mancher Akt erinnerte an die Despotie der früheren Jahre. So wurde der 
Dichter Schubart hinterlistlg aus dem Gebiet der Reichstadt Ulm ins Würt- 
tembergische herübergelockt und dann gefangen genommen 2). Er hatte in seiner 
„deutschen Chronik“ die Regierungen und die katholische Geistlichkelt angegriffen, 
nun wurde er (1777) auf dem Asberg gefangen gesetzt, wo er über ein Jahr in 
einem finstern Loche schmachten mußte. Dann wurde er zwar besser behandelt, 
mußte aber noch 9 Jahre ohne jegliches Verhör Gefangener bleiben, in welcher 
Zeit er namentlich unter der Roheit des Kommandanten Rieger viel zu leiden 
hatte. — Im Jahr 1786 verkaufte der Herzog 1000 Mann württem- 
1) In einem Gedichte, das der Ausschuß im November 1791 erhielt, lesen wir: 
„Rechtschaffenheit, Verstand, Verdienste 
Erreichen selten hier ihr Ziel, 
Pecunia und andere Künste, 
Person und Glück hielt hier das Spiel. 
Stets wird — statt für Verstand mit Sorgen 
Für Geld ein Ignorant geborgen.“ 
Ein Stückchen von der Wirthschaft jener Familienaristokratie vor 100 Jahren, bei welcher 
alle bedeutenden Posten an Verwandte übertragen wurden, blüht leider heute noch in 
unserem schwäbischen „Vetterleswesen“ fort. 
2) Ein Epigramm Schubarts soll die Veranlassung dazu gewesen sein. Bei der 
Stiftung der Karlsschule dichtete er: 
„Als Dionys aufhörte, ein Tyrann zu sein, 
Da ward er ein Schulmeisterlein.“
	        
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