192 Württemberg als (Kurfürstenthum und) Königreich.
gar nicht zufrieden. Das Alte, so schlecht es auch größtentheils war, war ihnen
aus Gewohnheit lieb geworden, und das Neue gefiel ihnen nicht, weil es neu
war. In Altwürttemberg aber wurde der Kampf zwischen dem Fürsten und der
Landschaft nach dem Tode des edlen Grafen Zeppelin, des treuen und un-
eigennützigen Berathers Friedrichs, immer heftiger, da der stürmische und
launische Kurfürst nirgends nachgeben, sondern eine absolut-monarchische Regie-
rung haben wollte.
IV. Württemberg als (Kurfürstenthum und) Königreich.
Ein Zeitraum von 70 Jahren. 1803—1874.
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A. Württemberg zur Zeit des deutschen Bundes.
1803—1866.
g. 52.
Allgemeiner Aeberblick.
„Ein Adler flügelstrebend
War Reichspanier hievor;
Ich sah ihn noch wie lebend
zu Nürnberg an dem Thor.
etzt tiegt man nicht zum Zwecke,
Der Wahlspruch ist: Gott gebs!
Das Wappen ist die Schnecke,
Schildhalter ist der Krebs.“
Uhland.
Auf den Trümmern des zerschlagenen Bourbonenreichs und des durch
wilden Aufruhr zerfleischten Frankreichs erhob sich der stolze Bau des allgewal-
tigen Napoleon I. (1769—1821). Rasch stieg sein blendender Stern am
Himmel empor, um noch schneller in das Meer zu sinken. Die Schweiz, Italien,
Spanien, Oesterreich, die rheinischen Fürsten wurden geknechtet; Preußen, das
die deutsche Sache schmählich im Stich gelassen hatte, erhielt durch Zerstücklung
und einen schmachvollen Frieden seine verdiente Strafe. Mit dem Stolz und
der Gewalt eines Imperators schritt der siegreiche Korse über die gebeugten
Nacken der geschlagenen Fürsten und der gefallenen Völker. Staaten wurden
zerrissen und zusammengeflickt, Völkerbande wurden zerrissen und unnatürlich
gebunden, Fürsten wurden entthront und Unwürdige mit Ländern beschenkt: —
alles das Launenspiel des Einen Mächtigen. Aber auch seine Stunde schlug.
Der russische Feldzug (1812) zeigte ihm den ernsten Finger des Herrn der
Heerscharen; die Schlachten von Leipzig (1813) und Waterloo
(1815) warfen ihm sein Scepter gebrochen vor die Füße. Deutschland,
das länger als ein Jahrzehnt unter dem Druck des fürchterlichen Gewaltherrschers
geschmachtet hatte, athmete wieder frei auf, und Deutschlands Stämme, welche
in edlem, heiligem Zorn sich aufgerafft und die Fremden zu ihren Grenzen