Full text: Die Geschichte Württembergs.

8. 54. König Wilhelm. Der Anfang seiner Regierung. Das Hungerjahr 1817 2c. 219 
Kap. 4. Von den Staatsbehörden: Die Staatsdiener geloben in dem 
Diensteid, auch der Verfassung treu zu sein; die Minister müssen alle vom König 
ausgehenden Verfügungen unterzeichnen und sind für dieselben und ihre eigenen 
verantwortlich. Alle dem König vorzutragenden Vorschläge der Minister müssen 
zuvor vom Geheimenrathe berathen und begutachtet werden. Kap. 5. Von den 
Gemeinden und Amtskörperschaften: Keine Behörde darf über das 
Eigenthum der Gemeinden und Amtskörperschaften verfügen; auch können ihnen 
keine Lasten aufgebürdet werden, wozu sie nicht durch Gesetz und Herkommen ver- 
pflichtet flind. Kap. 6. Von der Kirche: Jede der drei im Reiche bestehenden 
christlichen Religionen hat freie, öffentliche Religionsübung und vollen Genuß 
ihrer Güter, Selbständigkeit in der Anordnung der innern kirchlichen Angelegen- 
heiten, obersthoheitlichen Schutz und Aufsicht des Königs, kraft dessen die Ver- 
ordnungen der Kirchengewalt zu ihrer Vollzlehung der Einsicht und Genehmigung 
des Staatsoberhauptes bedürfen. Kap. 7. Von der Ausübung der 
Staatsgewalt: Der Köntig vertritt den Staat in allen auswärtigen Verhält- 
nissen; er kann ohne Einwilligung der Stände keine in die Verfassung und Rechte 
der Staatsbürger eingrelfende Verbindlichkeit übernehmen. Ohne Genehmigung 
der Stände kann kein Gesetz gegeben, erläutert oder verändert werden. Der 
König hat das Recht zu begnadigen oder einen Prozeß niederzuschlagen. Kap. 8. 
WVom Finanzwesen: Das Kammergut ist ein vom Reich unzertrennliches 
Staatsgut, welches ohne Elnwilligung der Stände weder vermindert, noch mit 
Schulden beschwert werden darf. Der König erhält eine Civilllste; die Apanagen 
und Heiratsgüter werden aus der Staatskasse besonders bezahlt. So weit das 
Kammergut zum Staatsaufwand nicht reicht, wird dieser durch Steuern gedeckt, 
welche aber nie ohne Einwilligung der Stände aufgelegt werden können. Kap. 9. 
Von den Landständen: Die Stände haben Theil an der Gesetzgebung, das 
Recht, dem König Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden vorzubringen, und 
das Steuerbewilligungsrecht. Alle 3 Jahre und bei jeder Regierungsveränderung 
wird ein Landtag berufen. Die Stände theilen sich in zwei Kammern; die erste 
oder die Kammer der Standesherren besteht aus den Prinzen des könig- 
lichen Hauses, den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Famllien und aus 
Mitgliedern, die vom König erblich oder lebenslänglich ernannt werden, deren 
Zahl aber nur ein Drittel der übrigen Mitglieder betragen darf. Die zweite 
oder Kammer der Abgeordneten besteht aus 13 veom ritterschaftlichen 
Adel aus seiner Mitte gewählten Mitgliedern, aus den 6 protestantischen Gene- 
ral--Superintendenten, dem katholischen Landesbischof, einem Mitglied des Dom- 
kapitels und dem ältesten katholischen Dekan, aus dem Universitäts-Kanzler und 
den Abgeordneten der 7 guten Städte und 64 Oberämter. Die Mitglieder der 
ersten Kammer müssen volljährig, die der zweiten 30 Jahre alt sein. Staats- 
beamte können in ihrem Amtsbezirke nicht gewählt werden. Alle 6 Jahre wird 
neu gewählt. Jede Kammer hat ihren Präsidenten und Vicepräsidenten. Den 
Präsidenten der ersten Kammer wählt der König allein, den der zweiten aus drei 
ihm von der Kammer vorgeschlagenen Mitgliedern. Der König kann nur von 
beiden Kammern genehmigte Beschlüsse bestätigen. Löst der König die Stände- 
versammlung auf, so hat er innerhalb sechs Monaten eine neue einzuberufen. 
Ein von beiden Kammern gewählter ständischer Ausschuß von 12 Personen be- 
sorgt in der Zwischenzeit die landständischen Angelegenheiten. Kap. 10. Vom
	        
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