228 IV. Württemberg als Königreich.
Eduard Mörike schrieb lyrische Gedichte und Idyllen, die meist mit
gutem Humor behandelt sind: „die Idylle vom Bodensee“, „das Hutzelmänn-
lein“ u. a. m.
Unter den Vertretern der geistlichen Liederdichtung in Württem-
berg nennen wir neben Grüneisen und Gerok noch Albert Knapp (Lgeb.
1798 zu Tübingen, gest. 1864 zu Stuttgart). Er war einer der ersten, welche
den einfachen, vollen und herzlichen Ton des alten Kirchenliedes wieder anstimmten.
Neben seinen gelstlichen Gedichten verdienen „die Hohenstaufen“ und „Bilder
der Vorwelt“ Erwähnung. „Knapp besitzt eine nicht geringe Herrschaft über
die Form und eine Sprache, welche sich durch Reinhelt, leichten Fluß und eine
gewisse Fülle des Ausdrucks auszeichnet. Zugleich müssen wir seinen Gedanken-
reichthum und die Kunst bewundern, mit welchen er an Erscheinungen der Natur,
wie an Thatsachen des Menschenlebens und der Geschichte geistrolle Betrachtungen
anzuknüpfen weiß. Als geborenem Schwaben lag ihm die Verherrlichung der
Hohenstaufenzeit nahe. Seine „Hohenstaufen“ sind jedoch kein zusammen-
hängendes Epos, sondern eine Reihe bei verschiedenen Gelegenheiten und zu ver-
schiedenen Zeiten entstandener, unter sich nicht verbundener, also selbständiger Ge-
dichte, welche die Geschichte des Hohenstaufengeschlechts zur gemeinsamen Grund-
lage haben. Nur einzelne von ihnen können als wirkliche Balladen gelten“.
§. 57.
König Karl. Der deutsche Krieg. 1864—1866.
„Seid nicht schen und verwundert, daß nun auf einmal erscheint,
Wae ihr so lange gewünscht. Es hat die Erscheinung fürwahr nicht
Jetzt die Gestalt des Wunsches, so wie ihr ihn etwa geheget;
Denn die Wünsche verhüllen uns selbst das Gewünschte; die Gaben
Kommen von oben herab in ihren eignen Gestalten.“ Göth
Göthe.
1864 König Karl, geboren den 6. März 1823, hatte sich im Jahr 1846
bis mit der Großfürstin Olga von Rußland vermählt und war seinem Vater
1866. im Jahr 1864 auf dem Thron gefolgt. Von seinem Reglerungsantritt an war
er aufrichtig bestrebt, an den Werken des Friedens weiter zu bauen. Doch brachte
bald die deutsche Politik auch für Württemberg Zeiten der Unruhe und Sorge.
Schleswig-Holstein war erobert worden. Oesterreich und
Preußen waren in der Lösung der schleswig-holsteinlschen Frage dem Bundes-
tag gegenüber ziemlich rücksichtslos vorgegangen, und am Schluß des Jahrs
1864 nahm Preußen die erste Stelle ein; auch der Wechsel des österreichischen
Ministeriums Rechberg mit dem des Grafen Mensdorff konnte die Supre-
matie Preußens in den Verhandlungen nicht abschwächen oder verhindern. Preußen
stellte am 22. Febr. 1865 an Oesterreich die bekannten „Februarforde-
rungen": „Schleswig-Holstein soll einen eigenen Souveraln erhalten, wenn
Militär und Marine mit der preußischen Kriegsmacht und Flotte vereinigt, die
Festungen von Preußen besetzt und das erforderliche Geblet für einen zu erbau-
enden Nord-Ostseekanal und einen Kriegshafen abgetreten werden; auch dem
preußischen Zollsystem und dem Post= und Telegraphenwesen sollten Schleswig-
Holstein beitreten, und alle im Heer und auf der Flotte dienenden Schleswig-
Holsteiner dem König von Preußen den Fahneneld schwören.“ Solche Beding-
ungen mochten weder die augustenburgisch gesinnten Schleswig-Holsteiner noch
Oesterreich annehmen. Auch die Mittelstaaten waren für volle Souveränetit