Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

774 Niederlande. (November 17.—Dezember 18.) 
17. November. (Generalstaaten.) Die Regierung legt einen 
Gesetzentwurf über die Deckung der Kriegsauslagen vor. 
Die Regierung hat den Weg der Anleihe gewählt. Der Betrag ist 
auf 275 Millionen Gulden, der Zinsfuß für freiwillige Einzeichnung auf 
5 v. H. festgesetzt worden. Sollte die freiwillige Anleihe nicht mehr als 
150 Millionen ergeben, so soll eine Zwangsanleihe zu 4 v. H. ausgeschrieben 
werden, an der sich alle Einwohner beteiligen müssen, deren Vermögen 
75000 Gulden und mehr beträgt. Die Beteiligung steigt von 1 v. H. des 
Vermögens bei 75000 Gulden bis 7 v. H. bei Vermögen von 5 Millionen 
Gulden und darüber. 
19. November. Das Internationale Sozialistische Bureau 
siedelt (von Brüssel) nach dem Haag über. Generalsekretär bleibt 
Paul Hymans. 
26. November. Der Finanzminister wird durch königlichen Erlaß 
zur Ausgabe von Schatzscheinen und Schatzwechseln bis zum Gesamt- 
betrage von 25 Millionen Gulden ermächtigt. 
6. Dezember. Ein Ministerrat unter dem Vorsitz der Königin 
beschließt folgende Maßnahmen: 
1. Die gesamte mobilisierte Armee in der Stärke von 200000 Mann 
bleibt auf dem Kriegsfuße. 2. Die bereits früher beschlossene Kriegsanleihe 
von 250 Millionen Gulden (420 Millionen Mark) wird im Dezember auf- 
gelegt und trägt für denjenigen Teilbetrag, der nicht durch freiwillige Zeichnung 
gedeckt ist, den Charakter einer Zwangsanleihe. 3. Die Provinz Seeland 
wird in sofortigen Verteidigungszustand versetzt und die Scheldefestungen 
mit verstärkten Armierungen versehen. 4. Einführung der Zeitungszenfur 
für alle militärischen Nachrichten. 
13. Dezember. (Zweite Kammer.) Der Minister des Außern 
Loudon macht Mitteilung über die von der Regierung vor- 
genommenen Schritte zur Wahrung der Interessen der neutralen 
Handelsschiffahrt. 
Holland protestierte gegen die von den Engländern angeordnete Fest- 
nahme an Bord holländischer Schiffe, ferner gegen die Verhaftung feindlicher 
Wehrpflichtiger durch England an Bord neutraler Schiffe und gegen die 
Durchsuchung neutraler Schiffe nach bedingter Konterbande, die nach neu- 
tralen Häsen bestimmt sind. Schließlich protestierte Holland gegen die Sper- 
rung der Nordsee, die gegen die internationalen Bestimmungen über die 
Freiheit der Schiffahrt und gegen die Bestimmungen der Haager Konvention 
über die Auslegung von Seeminen verstoße. 
18. Dezember. (Zweite Kammer.) Budget des Auswärtigen. 
Der christliche Abgeordnete de Savornin-Lohman verwahrt sich 
gegen die Anschauung, wonach das Recht gegenüber den militärischen An- 
sforderungen im Kriege zurücktreten müsse. Auch wendet er sich gegen die 
Auffassung, welche die Kleinstaaten als minderberechtigt denn die großen 
betrachtet. Die Regierung müsse sich bemühen, einem besseren Begriff des 
internationalen Rechtes Eingang zu verschaffen. Zur Abschaffung des gegen- 
wärtigen Uebelstandes könnten vielleicht die kleinen Staaten die Anregung 
geben, indem sie zunächst unter sich einen geregelten Rechtszustand ins 
Leben riefen. Der Redner verweist auf den Vertrag, den der Staatssekretär
	        
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