1090.
20 II. Württemberg als Grasschaft.
schönen Kapelle gekrönt, in deren Gruft König Wilhelm und selne erste Ge-
mahlin Katharina beigesetzt sind. — Die ältesten Nachrichten über die zum Herzog-
thum Schwaben gehörigen Grafen von Württemberg führen uns jedoch nicht
auf den rothen Berg, sondern nach Beutelsbach im Remsthal. In einem
Vergleich wegen eines Güterstreits finden wir den Stammvater des württember-
gischen Fürstenhauses, Konrad (1090), als Zeugen. Dileser nannte sich noch
nicht „Graf“; sein eigentlicher Stammsitz ist nicht genau bekannt; es scheint
jedoch sicher, daß die ersten Württemberger von der Burg Beutelsbach auf den
rothen Berg umsiedelten. An diese beiden Burgen relhten sich als erstes Besitzthum
Cannstatt, Stuttgart, Waiblingen, Leonberg, Göppingen, mit den dazu gehö-
rigen Dörfern und kleineren Burgen. — Deutlichere Umrisse gewinnt die Ge-
schichte erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts mit dem Auftreten Ulrichs, des
ersten Grafen von Württemberg. Dieser war ein Mann von großer Klugheit
und Ausdauer, der in der Verfolgung seines Zwecks durchaus nicht nachließ und
alle Vortheile, die sich zur Vermehrung seines Geblets darboten, zu benützen
wußte. So lange die Hohenstaufen mächtig waren und sich aus der Freundschaft
mit ihnen ein Nutzen ziehen ließ, hatten die Württemberger treulich zu ihnen ge-
standen. So finden sich die Nachkommen Konrads häufig im Gefolge des Kaisers
Friedrich I. und II. Mit dem Fall des hohenstaufischen Hauses wurde jedoch
Ulrich dem langjährigen Bunde untreu, und zwar aus eigennütziger Be-
rechnung. Er folgte, und stets mit bestem Erfolg, dem Grundsatz, der mächti-
geren Partei sich anzuschließen. Er handelte in diesem Stück nicht anders als die
meisten schwäbischen Ritter; nur die Reichstädte blieben den Hohenstaufen treu
ergeben.
Ulrich war mit dem Reichsverweser Konrad, dem nachmaligen Kaiser
Konrad IV., gegen dessen Gegenkönig Heinrich Raspe von Thü-
ringen nach Frankfurt gezogen (1246); als jener aber eine Niederlage erlitt,
fielen die meisten schwäbischen Herren, und unter ihnen auch Ulrich, dem SlIeger
zu. Dieser Abfall wurde mit der Schirmvogtel Denkendorf belohnt. Wir können
einen derartigen Akt der Treulosigkeit eher entschuldigen, wenn wir uns erinnern,
daß der Kaiser vom Papfst geächtet, seine Anhänger mit dem Bann bedroht waren,
und daß auch das Schlechteste ungestraft verübt werden durfte, wenn es nur im
Namen des Papstes und der Kirche geschah. Zehn Jahre später suchten die Vor-
münder Konradins den württembergischen Grafen für ihre Sache zu gewinnen
Und verliehen ihm für seine Beihilfe das Marschallsamt in Schwaben und die
Schirmvogtei über die Reichstadt Ulm. Zugleich aber ließ sich Ulrich von dem neu
auftretenden Kaiser Richard von Cornwallis mit 1000 Mark Silber und
der halben Grafschaft Urach bestechen. Letztere erwarb sich Ulrich später ganz
durch Kauf.
Dies war Ulrichs Verhalten gegenüber dem untergehenden Hohen-
staufengeschlecht und den vom Papste eingesetzten Kaisern. Was
er hierbei durch Schlauheit und sogar Untreue erreichte, suchte er von den
Ursprungs und = rother Berg. Was die Schreibung des Wortes betrifft, so war lange
„Wirtenberg“ (Wirtemberg) vorherrschend. Unter Herzog Ludwig (1587) wurde „Wür-
temberg" und „Württemberg“ eingeführt. Herzog Karl kehrte in der letzten Zeit seiner
Negierung. wieder zu „Wirtemberg"“ zurück. Nach einer Verordnung Friedrichs (1803)
wurde „Württemberg“ befohlen und seitdem ist dies die amtliche Schreibung.